Augenzeugenbericht aus München: Verletzte lagen überall

Augenzeugenbericht aus München: Verletzte lagen überall

Berlin/München. Ein 30-jähriger Mann, der nur knapp dem verheerenden Vorfall in München entkommen konnte, schildert seine Erlebnisse und seine Bemühungen, den Verletzten zu helfen. Michael Jäger, dessen Mobiltelefon pausenlos klingelt, wird von Medienvertretern international kontaktiert, die seine Wahrnehmungen des Anschlags dokumentieren möchten. Vor kurzem hat er bereits live beim BBC gesprochen. Am 13. Februar wurde er Zeuge eines schweren Vorfalls, bei dem ein Mini-Cooper in eine Menschenmenge fuhr.

„Das Auto hielt etwa 20 Meter hinter mir an“, berichtet Jäger. „Ich befand mich am hinteren Ende des Zuges, als plötzlich der Motor laut aufheulte gefolgt von einem ohrenbetäubenden Knall.“ Später erfuhr er, dass der Knall wahrscheinlich von einem Polizisten abgegebenen Schuss stammte.

Als er sich umblickte, sah er das stark beschädigte Fahrzeug und zahlreiche Verletzte auf dem Boden liegen. „Einige Leute versuchten, das Auto aufzuhalten, während andere sich vom Ort des Geschehens entfernten. Einige halfen den Verwundeten, und ich habe mich ebenfalls darum bemüht.“

Jäger, der als Spezialist für nachhaltiges Bauen arbeitet, bleibt ruhig und gefasst beim Erzählen der erschütternden Begebenheit. „Ich kann nicht genau sagen, warum ich so reagiere. Vielleicht ist es eine Frage der Resilienz.“ Das psychologische Unterstützungsangebot von Verdi und dem Kriseninterventionsdienst benötigte er nicht.

„Ich habe ein ausgezeichnetes Unterstützungssystem. Mein Umfeld hat sich viel um mich gekümmert und mir entscheidende Hilfe angeboten.“ Der Austausch mit den Medien erscheint ihm auch als therapeutisch: „Es tut gut, meine Gedanken und Erfahrungen zu teilen.“

Bei dem anschließenden Gespräch über den Anschlag wird deutlich, dass seine erste Reaktion der Drang war zu helfen. „Ich wollte alles tun, um Hilfe zu leisten oder Schlimmeres zu verhindern.“ Als er sah, dass viele Demonstrationsteilnehmer zu ihren Handys griffen, um das Geschehen zu filmen, versuchte er, sie davon abzuhalten.

„Nach etwa einer Minute hatte die Polizei den Fahrer aus dem Auto gezogen und den Verletzten bereits Hilfe geleistet“, erzählt er. Er hat das schnelle Eintreffen des Rettungsdienstes ebenfalls wahrgenommen. „Ich konnte beobachten, wie der Täter festgenommen wurde, die Polizei ihn am Boden fixierte und ihm Handschellen anlegte.“

Als Jäger einige Schritte an dem Täter und den Beamten vorbeiging, fiel ihm die dunkle Hautfarbe des Mannes auf. Dies führte ihn zu der Annahme, dass der Vorfall möglicherweise eine politische Dimension erhalten könnte. Deshalb organisierte er noch am Abend eine Kundgebung, um eine politische Instrumentalisierung des Anschlags zu verhindern.

Die Teilnehmer der Versammlung kritisierten einige Politiker, die den Vorfall für ihre Zwecke nutzen wollten, insbesondere in Bezug auf Menschen mit Migrationshintergrund. Jäger übt auch Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), da beide seiner Meinung nach zu wenig Mitgefühl für die Opfer gezeigt und sich zu schnell auf Maßnahmen gegen Asylbewerber konzentriert haben. Söder hatte noch am gleichen Abend schärfere Gesetze gefordert, warnte jedoch davor, alle Menschen mit Migrationshintergrund unter Generalverdacht zu stellen. Scholz hat am Donnerstag die Abschiebung des mutmaßlichen Täters gefordert und beabsichtigt, den Tatort am Samstag zu besuchen.

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