Vertrauen in Beziehungen: Hinweise zur Wahrheitsfindung bei Partnern

Vertrauen in Beziehungen: Hinweise zur Wahrheitsfindung bei Partnern

Hamburg. Notlügen in Beziehungen: Harmlos oder problematisch? Zu diesem Thema haben drei Fachleute wichtige Einsichten. Lügen begleiten uns schon seit Anbeginn der Menschheit, oft aus Unsicherheit, Angst oder dem Bestreben, uns vorteilhafter zu präsentieren. Während alltägliche, kleine Unwahrheiten oft unbemerkt bleiben, können tiefere Lügen verheerende Auswirkungen haben. Eine einzige Unwahrheit kann das über Jahre gewachsene Vertrauen in einer Beziehung erheblich aufs Spiel setzen. Eine Studie der Universität Tübingen legt nahe, dass bereits jeder zweite Mensch in einer Partnerschaft untreu war. Doch wie können wir feststellen, ob unser Partner ehrlich ist oder etwas verheimlicht? Drei Experten bieten dazu Hilfestellungen.

Eine Untersuchung unter 147 Probanden von der amerikanischen Psychologin Bella DePaulo lieferte aufschlussreiche Resultate über das Lügenverhalten im Alltag. Die Teilnehmer sollten kleine Unwahrheiten in einem Tagebuch festhalten und es zeigte sich, dass der Durchschnittsmensch etwa zweimal täglich lügt. Aber lässt sich dieses Ergebnis auf die gesamte Bevölkerung anwenden?

Das Wiener Therapeutenpaar Dr. Sabine und Roland Bösel stellen diese Frage infrage. Sie behaupten, dass viele Menschen unbewusst lügen. „Oft geschieht dies, wenn die eigene Wahrheit von der gesellschaftlichen oder partnerschaftlichen Norm abweicht,“ erklärt Roland Bösel, ein erfahrener Paar- und Psychotherapeut. Bewusste Lügen entstehen hingegen häufig unter Druck, was dazu führt, dass sich Menschen geheimen Handlungen hingeben und annehmen, diese auch geheim halten zu müssen. Das Lügenverhalten variiert stark: Einige lügen regelmäßig, während andere selten dazu greifen.

Eine Untersuchung von „ElitePartner“ bestätigt, dass Lügen zum Beziehungsalltag gehören: Über sechzig Prozent der Befragten gaben an, etwas vor ihrem Partner zu verheimlichen, meist in Form kleiner Notlügen. Doch was genau sind Notlügen? Wolfgang Krüger, ein Berliner Psychotherapeut und Autor, beschreibt sie als harmlose Unwahrheiten, die genutzt werden, um Konflikte zu meiden. So könnte man auf die Frage nach der eigenen Liebe sofort mit einem „Ja“ antworten, obwohl man unsicher ist, um Diskussionen zu vermeiden. Nach Krüger ist die Fähigkeit, solche Notlügen zu erfinden, eine soziale Fertigkeit.

Lügen können jedoch gravierende Konsequenzen haben, besonders wenn sie zur Kontrolle oder Manipulation des Partners eingesetzt werden. Häufig wird die klassische Untreue nicht offenbart, was das Vertrauen stark strapazieren kann – in vielen Fällen führt das zur Trennung. Krüger weiß aus seinem Erfahrungsschatz, dass das Verschweigen emotionaler oder körperlicher Untreue eine häufige Lüge in Beziehungen ist. Statistisch gesehen hat nahezu jeder Zweite seinen Partner in diesem Punkt schon einmal belogen. Auch das Therapeutenpaar aus Wien bestätigt diese Einschätzung: „Lügen geschehen oft, wenn Affären als bedeutsam wahrgenommen werden oder wenn man sich einredet, sie seien unwichtig.“ Häufig dienen diese Lügen dazu, das eigene Gewissen zu beruhigen, doch enden sie in einer subjektiven Selbsttäuschung.

Die Ursachen hinter den Lügen sind vielseitig: Sie reichen von harmlosen Täuschungen, wie dem heimlichen Essen bei einer Diät, bis hin zu Alltagstäuschungen, wie jemandem zu erzählen, man arbeite an seinen Steuern, während man in Wahrheit einen Film schaut. Die Körpersprache kann dabei viele Informationen liefern, aber lässt sie auch wirklich auf Lügen schließen? Anzeichen wie schnelles Blinzeln oder Nervosität werden oft als Hinweise auf Täuschung gedeutet. Psychologin Sabine Bösel warnt jedoch: „Man sollte vorsichtig sein mit der Überinterpretation einzelner Körpersignale. Solche Annahmen können schnell in die Irre führen.“

Einflussfaktoren wie persönliche Erfahrungen und Erziehung prägen die Deutung von Verhaltensweisen maßgeblich. Wenn jemand beispielsweise gelernt hat, seiner Mutter nicht zu vertrauen, wird er ähnliche Verhaltensweisen bei anderen entsprechen voreingenommen interpretieren. Obwohl das Bauchgefühl oft hilfreich ist, ist es nicht immer ratsam, sich ausschließlich darauf zu verlassen. „Die richtige Interpretation des Bauchgefühls hängt stark von den eigenen Lebenserfahrungen und Fantasien ab“, sagt Bösel. Die Wissenschaft hat bisher keine klaren Beweise dafür gefunden, dass Menschen einheitliche Verhaltensweisen beim Lügen zeigen.

Wer bewusst lügt, plant seine Unwahrheiten oft so geschickt, dass sie schwer zu entlarven sind. Menschen mit inneren Unsicherheiten hingegen werden leichter ertappt. „Es stellt sich sogar heraus, dass einige Lügner unbewusst ertappt werden möchten, indem sie ihre Lügen nicht mehr gut genug vorbereiten“, fügt Bösel hinzu. Das geschieht häufig, wenn sie innerlich nicht mehr mit der Spannung umgehen können.

Was können Betroffene also tun? Der Rat des Therapeuten lautet: Geduld bewahren und abwarten. Mit der Zeit werden Lügen aufgedeckt; Widersprüchlichkeiten werden irgendwann offensichtlich — sei es hinsichtlich eines behaupteten Seminars oder des Aufenthaltsorts zur angegebenen Zeit. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Partner über eigene Vermutungen anzusprechen. Psychologin Bösel betont: „Beziehungsarbeit ist keine Ermittlungsarbeit, sondern der Aufbau von Vertrauen.“ Übertriebene Vermutungen und voreilige Konfrontationen können oft zu Missverständnissen führen, da der eine Partner fühlt, er werde zu Unrecht verdächtigt, während der andere in seinen Befürchtungen bestärkt wird, was wiederum zu Konflikten führt.

Dieser Artikel wurde zuerst in der Berliner Morgenpost veröffentlicht.

Nachrichten aus Hamburg – Aktuelle Nachrichten und Hintergründe aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport – aus Hamburg, Deutschland und der Welt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert