Einsamkeit zwischen den Geschlechtern: Eine kritische Betrachtung

Einsamkeit zwischen den Geschlechtern: Eine kritische Betrachtung

Hamburg – Das Thema Einsamkeit betrifft zahlreiche Menschen und wird oft unterschiedlich erlebt, abhängig vom Geschlecht. Während Frauen üblicherweise offener über ihre Einsamkeit kommunizieren, neigen Männer dazu, ihre Gefühle zurückzuhalten oder nicht darüber zu reden. Die Psychologin Theresa Feulner gibt Einblicke in diese geschlechtsspezifischen Unterschiede und erklärt, welche Maßnahmen helfen können.

Laut dem Einsamkeitsbarometer des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zeigt sich, dass Frauen in Deutschland häufiger unter Einsamkeit leiden als Männer. Im Jahr 2021 berichteten fast 13 Prozent der Frauen von Einsamkeitsgefühlen, während nur rund 10 Prozent der Männer ähnlich empfanden. Diese Zahlen werfen ein interessantes Licht auf die Unterschiede zwischen den Geschlechtern.

Eine Studie des Robert-Koch-Instituts aus dem Jahr 2023 verdeutlicht eine alarmierende Entwicklung: Das Gefühl der Einsamkeit nimmt mit dem Alter zu. Unter den über 80-jährigen Männern fühlten sich etwa 18 Prozent einsam, im Gegensatz zu 29 Prozent der gleichaltrigen Frauen. Der Begriff „Gender Loneliness Gap“ beschreibt genau dieses Phänomen, das in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Doch wohin führen diese Einsichten?

Das BMFSFJ weist darauf hin, dass Männer oft zögern, offen über Einsamkeit zu sprechen, was ihre Bereitschaft, darüber zu reden, zurückhält. Diese Verhaltensweise wird von Feulner bestätigt, die bemerkt, dass Männer längere Zeit brauchen, um zuzugeben, dass sie sich allein fühlen. Frauen hingegen wurden sozial so konditioniert, dass sie ihre Emotionen eher wahrnehmen und kommunizieren.

Gesellschaftliche Erwartungen tragen zu dieser Diskrepanz bei, indem sie die Vorstellung verstärken, dass Frauen mehr unter dem Fehlen von Beziehungen leiden. Dies wirkt sich nicht nur auf die individuelle Erfahrung von Einsamkeit aus, sondern auch auf deren öffentliche Wahrnehmung. Frauen tendieren dazu, Unterstützung durch Gespräche mit Freunden zu suchen, während Männer eher durch Ablenkungen wie Arbeit versuchen, mit ihren Gefühlen umzugehen. Diese Strategien könnten erklären, warum Frauen Einsamkeit stärker mit einem Mangel an sozialen Kontakten verknüpfen.

Zusätzlich zeigen die Risikofaktoren für Einsamkeit, die im Einsamkeitsbarometer aufgeführt sind, dass Frauen häufiger von biologischen und sozialen Aspekten betroffen sind. Ein Punkt ist, dass Frauen im Durchschnitt länger leben, was sie im Alter stärker mit Einsamkeit konfrontieren kann. Auch die häufigere Verantwortung für die Kinderbetreuung führt oft zu sozialer Isolation, da Frauen weniger Gelegenheiten haben, neue Kontakte zu knüpfen.

Eine besondere Risikogruppe stellen Alleinerziehende dar, wo die Mehrheit, nämlich fast 2,4 Millionen Frauen, betroffen ist. Diese Zahlen des Statistischen Bundesamtes aus 2023 betonen die Dringlichkeit des Themas. Darüber hinaus sind Frauen auch stärker von Altersarmut betroffen, was insgesamt eine besorgniserregende Situation ergibt.

Trotz der Schwere des Themas ist es entscheidend, das Gespräch über Einsamkeit zu fördern. Feulner ermutigt dazu, auch über das eigene Empfinden mit vertrauten Menschen zu sprechen. Dabei ist nicht die Quantität der sozialen Kontakte entscheidend, sondern die Qualität der Beziehungen. Eine aktivere Suche nach Gemeinschaften oder Interessengruppen wird angeraten, um soziale Netzwerke zu erweitern – sei es durch Hobbys, Buchclubs oder einfach durch alltägliche Begegnungen im Supermarkt.

Um Einsamkeit zu bekämpfen und emotionale Belastungen besser zu bewältigen, ist es wichtig, regelmäßig Zeit für sich selbst zu nehmen. Die Praktiken der Achtsamkeit, das Führen eines Tagebuchs und ein liebevoller Umgang mit sich selbst – wie Meditation und positive Selbstgespräche – können dazu beitragen, die eigene emotionalen Lage zu verbessern und Einsamkeit zu verringern.

Dieser Artikel erschien zuerst bei der Berliner Morgenpost.

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