Kampf um das Direktmandat: Ein Geflüchteter will gegen Alice Weidel antreten

Kampf um das Direktmandat: Ein Geflüchteter will gegen Alice Weidel antreten

Berlin. Im malerischen Bodenseekreis kommt es zu einem spannenden Wettkampf um das Direktmandat für den Bundestag zwischen der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und einem geflüchteten Kandidaten der Grünen. Ahmad Al Hamidi hofft am 23. Februar im Wahlkreis 293, um das Mandat zu kämpfen.

Sollte der 42-jährige Al Hamidi, ein ehemaliger Rechtsanwalt aus Aleppo, ins Parlament einziehen, könnte sein Weg als Beispiel für gelungene Integration angesehen werden. Nachdem er vor den Schrecken des syrischen Krieges geflohen ist, fand er eine neue Heimat am Bodensee und träumt davon, als volksvertretender Abgeordneter nach Berlin zu gehen. Zugleich stünde sein Erfolg auch als Kontrapunkt zur ideologischen Agenda der AfD.

Der geflüchtete Grüne sieht sich als klaren Gegensatz zu Alice Weidel und deren politischen Ansichten. „Ich stehe für Demokratie, Freiheit, Vielfalt, Gerechtigkeit und Gleichheit. Diese Werte sind das Fundament unserer Gesellschaft“, betont Al Hamidi. Die Ansichten der AfD ständen dem diametral entgegen.

Jedoch bleibt dem Lokalpolitiker nicht verborgen, dass ihm subtiler Rassismus auf seinem politischen Weg begegnet. Auf diese Angriffe reagiert Al Hamidi mit Nächstenliebe und zitiert einen Bibelvers: „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus.“

Eine Überzeugung, die Al Hamidi vertritt, könnte sogar bei Weidel auf Zustimmung stoßen: „Deutschland muss in Fragen der Migration besser werden“, erklärt er. Doch was „besser“ bedeutet, könnte nicht unterschiedlicher interpretiert werden, da Al Hamidi persönliche Erfahrungen mit Flucht und Integration hat.

Im Jahr 2015, als die Bomben in seiner Heimat darauf abzielten, entschloss sich Al Hamidi, zusammen mit seiner Frau und den beiden kleinen Kindern, über das Mittelmeer nach Deutschland zu fliehen. „Wir verließen unser Zuhause mit nur zwei Rucksäcken voller Habseligkeiten auf der Suche nach einer besseren Zukunft“, so der Grüne. Diese Entscheidung war schmerzhaft, aber die Hoffnung auf Sicherheit war stärker.

Seine Familie fand tatsächlich ein besseres Leben in Deutschland. „Wir wurden herzlich willkommen geheißen“, blickt Al Hamidi zurück. Auch als Jurist konnte er seine Qualifikationen anerkennen lassen, was die Integration erheblich erleichterte.

Schon in den Anfangstagen in Deutschland engagierte sich der zweifache Vater in sozialen und umweltpolitischen Projekten. Seine politische Leidenschaft entdeckte er vor drei Jahren beim Ausprobieren eines Wahl-O-Maten mit Freunden. „Zu meiner Überraschung fand ich heraus, dass mehr als 80 Prozent meiner Antworten zu den Prinzipien der Grünen stimmten“, erinnert er sich und trat kurz darauf der Partei bei.

Mittlerweile hat Al Hamidi die deutsche Staatsbürgerschaft erlangt und ist im Landratsamt Bodenseekreis im Integrationsamt tätig. Politik und Themen wie nachhaltige Entwicklung, Bildung und Mobilität sind ihm ein großes Anliegen. Zudem möchte er Asylverfahren fairer und schneller gestalten und die Anerkennung ausländischer Qualifikationen beschleunigen. Intensivere Sprachkurse und kulturelle Integrationsangebote sind sein Ziel.

Wenn Al Hamidi ins Parlament einziehen kann, plant er, das Asylsystem in Deutschland und Europa zu reformieren. Er sieht Potenzial in der Überarbeitung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems sowie der Dublin-Verordnung.

Trotz der bestehenden Herausforderungen – Al Hamidi steht auf Platz 32 der Grünen-Liste in Baden-Württemberg, wo 2021 nur 14 Kandidaten in den Bundestag einziehen konnten – bleibt er optimistisch. Seine Chancen auf das Direktmandat sind ebenfalls gering, da in seinem Wahlkreis die Christdemokraten traditionell stark sind. Volker Mayer-Lay von der CDU hat ebenfalls seine Kandidatur angekündigt und gilt als Favorit.

Doch selbst wenn das Direktmandat unerreichbar scheint, gibt Al Hamidi nicht auf: „Ich bin fest entschlossen, für meine Prinzipien und das Wohl unseres Landes zu kämpfen“, sagt er und bekräftigt seine Ziele auch nach der Bundestagswahl 2025.

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