Geopolitische Turbulenzen im internationalen Handel
Die Europäische Union könnte auf den protektionistischen Kurs von Donald Trump reagieren, indem sie ihre eigenen Handelsbarrieren drastisch abbaut. Als direkte Reaktion auf die Entscheidung von Präsident Trump, ab dem 12. März Importzölle von 25 Prozent auf Stahl und Aluminium einzuführen, hat die EU bereits Gegenmaßnahmen in Planung. Die Handelsminister der Union arbeiten gegenwärtig an den Details, wobei die Maßnahmen Berichten zufolge Kosten in Höhe von „Milliarden Euro“ beinhalten könnten.
Maroš Šefčovič, der Vizepräsident der EU-Kommission, äußerte klar: „Die EU sieht keinen Grund dafür, Zölle auf unsere Exporte zu erheben. Wirtschaftlich ist das ineffizient und führt zu einem Verlust für alle Beteiligten. Wir werden die nötigen Maßnahmen ergreifen und resolut reagieren.“ 2018 hatte die EU bereits gezielte Zölle auf US-Produkte wie Bourbon und Harley-Davidson-Motorräder eingeführt, welche allerdings mittlerweile ausgesetzt sind. Diese Zölle beliefen sich damals auf 2,8 Milliarden Euro und könnten nun auf 4,8 Milliarden Euro anwachsen, sollten sie ab dem 1. April wieder in Kraft treten.
Die Mitgliedsstaaten der EU scheinen jedoch entschlossen, ihre Reaktion auf die Ursprünge von Trumps Unterstützung zu fokussieren, ohne eine übermäßige Eskalation herbeizuführen. Eine zeitnähere Antwort als 2018 wird angestrebt. Zudem hofft man in den Hauptstädten, ein Abkommen mit Trump zu erzielen, ähnlich dem mit Mexiko und Kanada, während die konkreten Erwartungen Trumps noch unklar bleiben.
Im Gegensatz zu 2018 werden die britischen Reaktionen unabhängig von der EU erfolgen. Premierminister Keir Starmer zeigte sich zurückhaltend bezüglich einer Bewertung von Trumps Zollpolitik und erklärte: „Wir werden die Angelegenheit sorgsam prüfen und in Dialog mit den USA treten.“
Zudem blieb Großbritannien beim KI-Gipfel in Paris hinter der formulierten Erklärung zurück, da die USA diese nicht unterstützten. In Anbetracht der verschärften Handelsbedingungen könnte die EU strategisch agieren und der US-Regierung Zugeständnisse anbieten, um den Druck zu mindern. Eine Möglichkeit wäre, die EU-Zölle insbesondere im Agrarsektor zu senken, wo die Zölle deutlich höher sind als in den USA.
In den letzten Jahren hat die EU jedoch ihren eigenen Protektionismus verstärkt, unter anderem durch den neuen Klimaschutz-Zoll (CBAM), der zusätzliche bürokratische Anforderungen für Unternehmen schafft. Darüber hinaus wurden neue Vorschriften erlassen, die den internationalen Handel erschweren, was viele europäische Handelspartner verunsichert. Eine bedeutende Sorge bildet dabei die CSRD-Richtlinie, die Unternehmen zur Berichterstattung über ihren ökologischen Fußabdruck verpflichtet.
US-Politiker warnen bereits vor den negativen Auswirkungen dieser Initiativen auf amerikanische Unternehmen. Andy Barr, ein Mitglied des Finanzdienstleistungsausschusses im US-Repräsentantenhaus, forderte die EU auf, ihre Regulierungen zu überdenken, da diese insbesondere gegen Trumps America-First-Politik verstoßen könnten.
Ein weiteres europaweiter Streitpunkt ist die EU-Richtlinie zur Bekämpfung der Entwaldung. In Anbetracht des Drucks aus den betroffenen Ländern wurde die Umsetzung bis 2026 verschoben. Angesichts dieser Gemengelage können die Spannungen zwischen den USA und der EU schnell zunehmen. Howard Lutnick, Trumps Kandidat für den Handelsminister, deutete an, dass die USA auf europäische Vorschriften reagieren könnten, die als protektionistisch angesehen werden.
Zusätzlich wird die digitale Regulierung der EU von der Trump-Regierung als Bedrohung für amerikanische Unternehmen wahrgenommen. Hierbei wird insbesondere die Regulierung im Bereich der Künstlichen Intelligenz kritisch betrachtet. Vizepräsident JD Vance äußerte kürzlich, dass die strengen EU-Vorgaben die Innovationskraft der Technologiebranche erheblich gefährden könnten.
Protektionismus, so die Erkenntnis, schadet letztlich allen Seiten. Sollte Trump sich entscheiden, die Zölle nicht einzuführen, und die EU einen Teil ihrer Handelsbarrieren abbaut, könnte dies tatsächlich einen positive Wende für den freien Handel darstellen.
Pieter Cleppe, ehemaliger Leiter des Brüsseler Büros von Open Europe, setzt sich intensiv mit europäischen Reformen und Handelsfragen auseinander und bringt seine juristische Expertise in die Diskussion ein.