Europa steht vor Herausforderungen: Scholz und Merz im Fokus
Berlin. Angesichts wachsender globaler Bedrohungen und einer instabilen westlichen Allianz kann sich Deutschland nicht länger auf der internationalen Bühne zurücklehnen. Der Wahlkampf ist überstanden, aber Europa wartet nicht auf die deutsche Regierung. Während Friedrich Merz in Berlin seinen Wahlsieg zelebrierte, erreichte ihn ein Glückwunsch von Emmanuel Macron, der sich auf dem Weg nach Washington zu einem Treffen mit dem US-Präsidenten Trump befand. In der Zwischenzeit brachen andere EU-Spitzenpersonen zu einem Ukraine-Gipfel in Kiew auf – jedoch ohne die Anwesenheit des Bundeskanzlers.
Die Neuordnung der deutschen Politik geschieht in einem kritischen Moment, in dem der Kampf um Einfluss und Interessen in Europa unvermindert anhält. Fatal ist, dass Deutschland zurzeit nur über eine Übergangsregierung verfügt, während Europa einen aktiven Partner von seinem größten Mitgliedstaat benötigt. Die Zukunft Europas hängt stark davon ab, wie die nächste Kanzlerschaft gestaltet wird: Sie steht im Angesicht neuer Sicherheitsbedrohungen, dem Druck von außen durch Moskau und Washington sowie internen Spannungen auf dem Spiel. Merz hat sich klar positioniert und die Stärkung der Europäischen Union zu seiner Hauptpriorität gemacht. Er möchte in Zusammenarbeit mit Frankreich und Polen Führungsstärke zeigen.
Allerdings wird Merz bald feststellen, dass es über die bekundeten Freundschaften hinaus zunehmenden nationalen Egoismus und Rücksichtslosigkeit in der EU gibt. Das weiß auch Olaf Scholz nur zu gut. Trotzdem bietet sich Merz die Möglichkeit, neue Wege in den Beziehungen zu gehen, und mit einem klaren Plan könnte er die Kraft der christdemokratischen Parteien, die in der EU stark vertreten sind, ausschöpfen.
In dieser Krisenzeit ist es entscheidend, dass der aktuelle Kanzler über seinen Schatten springt. Scholz sollte Merz, der noch wenig Regierungserfahrung hat, unterstützen und eine enge abgestimmte Zusammenarbeit für die Übergangszeit anbieten. Dies ist notwendig, damit in Brüssel, Paris oder Washington klar wahrgenommen wird, wo Deutschland in wichtigen Fragen künftig steht. Vor allem müssen Union und SPD schnell handeln, um eine neue Regierung zu bilden, denn die internationale Gemeinschaft kann sich keine Verzögerungen leisten. Die Welt wartet nicht.