Die EU-Kommission hat zwar den Vorschlag zur Chatkontrolle zurückgezogen, doch das Gesamtbild zeigt, wie tiefgreifend ihre Pläne zur Einschränkung der Grundrechte waren. Die Verordnung hätte die digitale Freiheit der Bürger in Frage gestellt und eine neue Zentralisierung der Macht eingeleitet – ein Schritt, den Deutschland jetzt blockiert hat.
Die geplante „Chatkontrolle“ der EU war im Mai 2022 aufgetaucht, unter dem Deckmantel des Kinderschutzes vor sexuellem Missbrauch. Der Entwurf sah vor, dass Messengerdienste wie Signal gezwungen wären, alle Kommunikation ihrer Nutzer zu überwachen – ein Massenüberwachungsprogramm, das die Privatsphäre der Bürger untergraben hätte. Deutschland lehnte den Vorschlag kategorisch ab, was zur Absage der Abstimmung im EU-Rat führte. Doch die Kritik an der Verordnung bleibt bestehen: Sie spiegelt eine tiefgreifende Vorstellung der EU-Kommission von Grundrechten wider – nämlich, dass sie für das „Gemeinwohl“ leicht verletzbar sind.
Die ursprüngliche Verordnung sah nicht nur die Identifizierung von Kindesmissbrauchsmaterial vor, sondern auch die Durchsuchung von Nachrichten auf „Grooming“-Verhalten, bei dem Erwachsene Kinder gezielt ansprechen. Selbst vertrauliche Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten oder Anwaltschaften wäre betroffen gewesen. Solche Maßnahmen hätten die Grundrechte der Bürger, wie das Recht auf Privatsphäre und Informationsfreiheit, schwerwiegend eingeschränkt. Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz wies bereits auf Verstöße gegen das Fernmeldegeheimnis und die EU-Grundrechte-Charta hin – eine klare Warnung vor der Gefahr, die in diesem Entwurf lag.
Die EU-Kommission argumentierte zwar mit der Notwendigkeit des Schutzes von Kindern, doch ihre Logik ist fragwürdig: Sie behauptete, dass „Gemeinwohl“ und „Schutz der Rechte anderer“ über individuelle Freiheiten stehen. Dabei ignorierte sie die Risiken für die Nutzer – etwa falsch identifiziertes Material oder Zensur durch automatisierte Algorithmen. Die Einführung eines neuen EU-Zentrums, das Verdachtsfälle sammelt und Technologien bereitstellt, wäre letztlich eine Schleuse für staatliche Überwachung gewesen. Es hätte die anonyme Nutzung des Internets unmöglich gemacht – ein Schlag gegen Demokratie und Freiheit.
Die Absage der Verordnung ist zwar ein Sieg für die Privatsphäre, doch das Problem bleibt: Die EU-Kommission hat gezeigt, wie sie Grundrechte nach eigenem Gutdünken einschränken könnte. Ein ähnlicher Ansatz wurde bereits in anderen Bereichen wie Gesundheit oder Klimapolitik beobachtet, wo „Gemeinwohl“ als Rechtfertigung für Zwangsmaßnahmen dient. Die Parole „Gemeinnutz vor Eigennutz!“ ist nicht neu – sie wird jedoch stets in die falschen Hände gegeben.
Die Debatte um Chatkontrolle zeigt, dass die EU-Kommission weiterhin den Weg der Zentralisierung und Überwachung sucht. Doch es bleibt unklar, ob dies ein vorübergehender Rückschlag oder nur eine Pause ist. Die Bürger müssen wachsam bleiben – denn die Grenzen des Machtzuwachses der EU sind schwer zu definieren.