Abdullah Öcalan und die Suche nach einer friedlichen Lösung des Kurdenkonflikts

Abdullah Öcalan und die Suche nach einer friedlichen Lösung des Kurdenkonflikts

Ankara. Seit über 25 Jahren befindet sich der Anführer der Kurden, Abdullah Öcalan, in türkischem Gefängnis. In einem jüngsten Aufruf fordert er die PKK auf, sich aufzulösen. Wird dieser Appell Gehör finden?

Über 40.000 Menschen sind seit 1984 gestorben, als die kurdische Arbeiterpartei PKK den bewaffneten Kampf um einen eigenen Kurdenstaat begann. Jetzt, erneut, gibt es Hoffnungen auf eine friedliche Einigung. Abdullah Öcalan hat dazu aufgerufen, die Waffen niederzulegen und sich aufzulösen. Es wird vermutet, dass seine Freilassung eine mögliche Option im Rahmen einer Friedensregelung sein könnte, was die Regierung bereits angedeutet hat. Doch bleibt abzuwarten, ob sein Aufruf tatsächlich Widerhall findet.

Trotz der Einstufung der PKK als Terrororganisation in der Türkei und vielen westlichen Nationen betrachtet ein Großteil der rund 15 Millionen Kurden in der Türkei Öcalan als eine herausragende Figur. Bei Demonstrationen ist er mit riesigen Porträts vertreten, die ihn als jungen, fröhlichen Mann mit lockigem, schwarzem Haar und Schnurrbart zeigen. Im Jahr 1999 wurde er nach einer riskanten Flucht in Kenia von türkischen Geheimdiensten gefasst und nach Türkei überführt, wo er zunächst zum Tod verurteilt, später jedoch zu lebenslanger Haft begnadigt wurde.

Nach 25 Jahren in isolierter Haft ist „Apo“, wie ihn seine Anhänger nennen, mittlerweile ein alter Mann. Aktuelle Fotos des fast 76-Jährigen zeigen ihn mit schütterem, grauem Haar und weißem Schnäuzer. Dennoch hat sein Wort nach wie vor großen Einfluss unter den Kurden. Öcalan gilt als zentraler Akteur für eine friedliche Konfliktlösung.

Bereits vor zehn Jahren suchte er einen Ausweg aus der Gewaltspirale. 2014 rief er die PKK auf, die Waffen niederzulegen und sich aus der Türkei in den Irak sowie nach Syrien zurückzuziehen. Diese Initiative führte jedoch nicht zu dauerhaften Friedensbedingungen. Ob sich dieses Mal tatsächlich eine Lösung finden lässt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zunächst muss die militärische Führung der PKK, die in den Kandil-Bergen im Nordirak stationiert ist, einverstanden sein. Ihre Zustimmung wird wesentlich davon abhängen, was der türkische Staat ihnen als Anreiz bieten kann, sollten sie ihre Waffen niederlegen und aus dem Nordirak zurückkehren.

Ein weiterer Konfliktherd besteht im Norden Syriens, wo die kurdische YPG während des Bürgerkriegs eine autonome Region etabliert hat. Die Türkei sieht die YPG als Bedrohung und Terrororganisation. Nach einem möglichen Sturz des Assad-Regimes stehen die syrischen Kurden nun unter großem Druck, ihre Kämpfer in eine neue nationale Armee zu integrieren. Maslum Abdi, Kommandeur der Syrisch Demokratischen Kräfte (SDF), äußerte zwar Unterstützung für Öcalans Aufruf, betonte jedoch gleichzeitig, dass dieser nicht für seine Kämpfer gedacht sei.

Entscheidend wird nun, wie die türkische Regierung auf den Friedensappell von Öcalan reagiert. Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die Möglichkeit, sich durch eine Lösung des Kurdenkonflikts einen Platz in den Geschichtsbüchern zu sichern. Damit könnte er auch die Unterstützung der kurdischen Wähler für eine weitere Amtszeit gewinnen. Um dies zu erreichen, müsste er nicht nur den PKK-Kämpfern eine rechtliche Basis bieten, sondern auch den türkischen Kurden grundlegende Minderheitenrechte einräumen. Dazu gehören der Gebrauch der eigenen Sprache, die Bewahrung ihrer kulturellen Identität und möglicherweise ein gewisses Maß an Selbstverwaltung. Bisher ist von einer solchen Öffnung wenig zu spüren, eher das Gegenteil: In den letzten Wochen gab es verstärkte Repressionen seitens Justiz und Polizei gegen kurdische Bürgerrechtler und Kommunalpolitiker.

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