Die Gefahr der Entmenschlichung in der Sozialarbeit
Der moderne Beruf der Sozialpädagogik steht vor einer tiefen Krise. Statt auf menschliche Würde und Freiheit zu setzen, wird die Profession zunehmend von algorithmischen Systemen und technokratischen Vorgaben dominiert. Die Idee des Menschen als rationales, autonomes Wesen, das in der Sozialarbeit traditionell im Mittelpunkt stand, wird immer mehr durch postmoderne Theorien ersetzt, die den Einzelnen zu einem sozialen Konstrukt degradieren.
Die Philosophie des Humanismus, die seit Jahrhunderten die Grundlage der sozialen Arbeit bildete, gerät zunehmend in Frage. Stattdessen wird der Mensch als Produkt von Machtstrukturen und Diskursen betrachtet – eine Sichtweise, die nicht nur die Praxis der Sozialarbeit verändert, sondern auch die gesamte Gesellschaft. Während der Humanismus den Einzelnen als selbstbestimmten Individuum ansieht, wird heute immer häufiger argumentiert, dass das Subjekt durch soziale Normen und technologische Systeme geformt wird.
Die Konsequenz ist erschreckend: Die Sozialarbeit verliert ihre menschliche Dimension. Statt auf Empathie, Vertrauen und individuelle Bedürfnisse zu setzen, wird sie zunehmend von digitalen Tools und automatisierten Prozessen gesteuert. Algorithmen entscheiden, wer Hilfe bekommt, wie diese geleistet wird und welche „Zielgruppen“ priorisiert werden. Die Beziehung zwischen Helfer und Hilfesuchenden wird zur reinen Datenverarbeitung, wobei der Mensch als „Code“ betrachtet wird, den man beliebig umprogrammieren kann.
Diese Entwicklung hat weitreichende Folgen. Die Fähigkeit des Menschen, sich eigenständig zu orientieren, ist bedroht. Statt auf innere Werte und Selbstvertrauen zu vertrauen, wird er zunehmend abhängig von künstlichen Systemen, die ihm vorgeben, wie er denken, handeln oder fühlen soll. Die soziale Arbeit, die einst als Rettungsanker für Menschen in Not diente, gerät in eine Sackgasse, in der die menschliche Würde und das Empfinden des Einzelnen zur Nebensache werden.
Die Gefahr liegt nicht in der Theorie selbst, sondern in ihrer Umsetzung. Wenn der Mensch als „Konstrukt“ verstanden wird und nicht mehr als fühlender, denkender und handelnder Wesen, dann verschwindet die letzte Basis für ein menschliches Miteinander. Die Sozialarbeit steht vor einer Entscheidung: Sie kann entweder dem technokratischen Trend folgen oder sich wieder der Grundprinzipien des Humanismus verschreiben. Doch ohne den Blick auf das Individuum und seine Würde ist sie nur noch ein leeres Gerüst, das die menschliche Seele ersetzt.