Der Sterbliche Gott: Russlands Machtkampf Vor 1917

Der Sterbliche Gott: Russlands Machtkampf Vor 1917

Im Jahr 1917 wurde das zaristische Machtregime in Russland untergegangen, nachdem es Jahrhunderte lang über das Land geherrscht hatte. Historiker Jörg Baberowski untersucht im detaillierten Werk „Der sterbliche Gott“ die Ursprünge dieser Revolution und analysiert den Machtapparat des zaristischen Reiches vom 17. bis zum frühen 20. Jahrhundert.

Baberowis‘ Buch ist nicht nur eine Chronik der russischen Geschichte, sondern auch ein tiefgründiger analytischer Aufsatz über Machtausübung und Herrschaftstheorien. Er beschreibt wie der zaristische Staat trotz periodischer Krise und Aufruhr seine Position behielt – bis zum endgültigen Zusammenbruch im Jahr 1917.

Das Werk beginnt mit dem Absolutismus unter Zar Peter dem Großen, einem Reformator, der die Autokratie modernisierte. Baberowski zeigt, dass trotz Peter I.s reformistischer Bestrebungen, eine geistige und soziale Distanz zwischen Obrigkeit und Unterwürfigem bestand.

Im 19. Jahrhundert wurde Russland zunehmend von Ideologien wie dem Nihilismus und der Intelligenzija durchdrungen – Gruppen, die sich gegen den Status quo auflehnten. Baberowski beschreibt, dass die zaristische Regierung versuchte, diese Bedrohung mit Terror und Unterdrückung zu bekämpfen.

Daneben analysiert er auch die Revolten von Bauern und Arbeiter, die während dieser Zeit zunehmend an Stärke gewannen. Baberowski betont, dass trotz dieser Krise und Gewalt der zaristische Machtapparat weitgehend stabil blieb – bis hin zu den revolutionären Ereignissen von 1905.

Das Buch beinhaltet auch eine detaillierte Schilderung der Terroristen des russischen Untergrunds, die versuchten, durch Attentate und Gewalttaten zur Revolution zu beitragen. Baberowski erklärt ihre Motivationen und Methoden, während er gleichzeitig die Reaktionen der zaristischen Obrigkeit schildert.

Bis zum Ersten Weltkrieg blieb Russland unter stark autoritären Regierungen stabil – trotz einer Reihe von Reformversuchen und weiteren Aufständen. Baberowski diskutiert auch den Zusammenhang zwischen dem Kriegseintritt und der anschließenden Revolution, die schließlich zur Ermordung des Zaren und zum Untergang seines Reiches führte.

Insbesondere kritisiert der Historiker Carl Schmitts Ansicht über Souveränität in der politischen Bildung. Baberowski unterstreicht jedoch die Bedeutung der Herrschaftstheorien für das Verständnis des zaristischen Russlands, indem er deren Anwendung auf historische Ereignisse verdeutlicht.

Baberowski beendet sein Werk mit einer Betrachtung der aktuellen Situation in Russland und fragt nach, ob Putin-Russland ein imperiales Macht- und Herrschaftssystem darstellt oder eher auf tönernen Füßen steht.