Friedrich Merz fokussiert sich auf eine stärkere Rolle Europas – Reaktionen aus den Hauptstädten

Friedrich Merz fokussiert sich auf eine stärkere Rolle Europas – Reaktionen aus den Hauptstädten

Berlin/Brüssel. Friedrich Merz, der frischgebackene Wahlsieger, hat die Europapolitik zu einer seiner wichtigsten Anliegen erklärt. Die Reaktionen auf seinen Führungsanspruch aus den europäischen Hauptstädten sind durchweg positiv.

Der Unions-Kanzlerkandidat betonte am Wahlabend: „Absolute Priorität hat für mich, Europa so zu stärken, dass wir Schritt für Schritt auch wirklich Unabhängigkeit erreichen von den USA.“ Diese Aussage wurde mit Freude von zahlreichen europäischen Staatsführern aufgenommen. So äußerte sich der französische Präsident Emmanuel Macron erfreut über die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit Merz: Er wolle „gemeinsam Großes für Frankreich und Deutschland leisten und auf ein starkes und souveränes Europa hinzuarbeiten“.

Am Sonntagabend, während er sich auf dem Weg nach Washington befand, führte Macron ein Telefongespräch mit Merz und hob hervor, dass es in dieser Zeit der Unsicherheit wichtig sei, dass beide Länder united den globalen wie auch kontinentalen Herausforderungen begegnen müssen. Großbritannien wird ebenfalls durch den neuen Kanzler angesprochen, wie Premierminister Keir Starmer erklärte, der seine Vorfreude darauf kundtat, die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu vertiefen und gemeinsam an deren Sicherheit und Wachstum zu arbeiten.

In einer Gratulation merkte NATO-Generalsekretär Mark Rutte an, dass die Zusammenarbeit mit Merz für die Sicherheit Europas von entscheidender Bedeutung sein werde. „Es ist entscheidend, dass Europa seine Verteidigungsausgaben erhöht, und Ihre Führung wird dabei der Schlüssel sein“, betonte er. In den Brüsseler und nationalen Köpfen wird die Hoffnung genährt, dass Merz die deutsche Führungsrolle innerhalb der EU stärken wird.

Das Vertrauen in Merz wird durch die Aussicht auf eine stabile Große Koalition gestärkt, die als Grundlage für eine stärkere deutsche Rolle in Europa dienen könnte. Schon während des Wahlkampfs hatte Merz seine Ambitionen auf eine intensivere europäische Zusammenarbeit deutlich gemacht, was in vielen Mitgliedstaaten und in Brüssel positiv wahrgenommen wurde.

In einer Grundsatzrede hatte Merz bereits Klärung von Konflikten mit Frankreich und Polen in Aussicht gestellt, indem er beide Länder am ersten Tag seiner Amtszeit besuchen will. Der CDU-Politiker appelliert an eine verstärkte Koordination der Europapolitik und lässt keinen Zweifel daran, dass sich Deutschland „zum Nutzen Europas, aber auch in unserem eigenen Interesse“ engagieren müsse.

Er übte Kritik an der Europapolitik seines Vorgängers Olaf Scholz und wünscht sich eine „neue goldene Ära der deutsch-französischen Beziehungen“, im besten Fall auch mit Polen. Er traf bereits frühzeitig mit Macron und Donald Tusk zusammen und strebt eine Reform des Asylsystems an.

Mit mehr als der Hälfte der Staats- und Regierungschefs der EVP, der christdemokratischen Fraktion, die hinter Merz steht, könnte sich seine Plattform im EU-Rat als vorteilhaft erweisen. Die EVP drückte in ihrer Gratulation die Zuversicht aus, dass Merz die notwendige Führung für ein starkes Deutschland in einem stabilen Europa präsentieren wird.

Diese Vorhaben stehen jedoch vor einigen Herausforderungen. Die große Skepsis unter den EU-Mitgliedstaaten bezüglich der plänen Merz zur drastischen Reduzierung der Asylbewerberzahlen könnte zu politischen Schwierigkeiten führen. Auch bei Fragen zu gemeinsamen Schulden der EU zeigt sich Merz zurückhaltend, während ein milliardenschwerer Fonds für militärische Projekte immer wahrscheinlicher wird, was dem Koalitionspartner SPD Probleme bereiten könnte.

Brüssel fürchtet darüber hinaus, dass eine unklare deutsche Position, wie sie in den letzten Monaten zu beobachten war, ernsthafte negative Konsequenzen nach sich ziehen könnte. EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola brachte es auf den Punkt: „Ein starkes Europa benötigt ein starkes Deutschland. Es ist entscheidend, dass die deutsche Position klar ist.“

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