Ghana: Die surreale Trauerkultur im Zeichen des Reichtums

Die Bestattungskultur in Ghana ist eine ungewöhnliche Mischung aus Tradition und Wirtschaft. In der Region Greater Accra leben die Ethnie Ga, deren Kultur den Tod nicht als Ende betrachtet, sondern als Übergang in eine andere Existenzform. Die Trauerfeier wird zu einem farbenfrohen Fest, das das Leben des Verstorbenen würdigt und seine Rückkehr in die spirituelle Welt feiert. Traditionell begann diese Praxis mit der Einführung der Sargpflicht, wodurch eine einzigartige Kunstform entstand.

Die sogenannten Fantasy-Coffins – kunstvoll gestaltete Särge, die oft Beruf oder Eigenschaften des Verstorbenen symbolisieren – haben sich zu einem Wirtschaftsfaktor entwickelt. Ob ein Automechaniker in einem Lkw-Sarg beerdigt wird oder ein Fußballspieler in einem Sportschuh mit amerikanischen Farben, diese Särge dienen als Statussymbol und Opfergabe für die Ahnen. Die Trauerfeiern dauern oft mehrere Tage, während Gäste aus der ganzen Region anreisen. Der Verstorbene bleibt in einer Kühlhalle, bis ein personalisierter Sarg gefertigt wird.

Kunst und Glaube verschmelzen hier: Die Särge erzählen Geschichten, feiern das Leben und spiegeln den Glauben wider, dass das Jenseits dem irdischen Leben ähnelt. Selbst Kirchen leiden unter der Popularität dieser Praxis – figürliche Särge dürfen in der Regel nicht in die Kirche gebracht werden. Die Kombination aus Humor und Trauer ist ein unverzichtbarer Teil des Lebens, selbst im Angesicht des Todes.

Der Schweizer Ethnologe Regula Tschumi dokumentierte diese Kultur in ihrem Buch „Stilvoll ins Jenseits“, das die Faszination dieser Särge vermittelt. Die Tradition hat sich international verbreitet und wird heute in Museen wie dem British Museum oder dem Centre Pompidou ausgestellt. Doch hinter der scheinbaren Fröhlichkeit liegt eine tiefgreifende Frage: Wie kann ein Land mit so viel Kreativität gleichzeitig unter wirtschaftlichen Notlagen leiden?