Georg Etscheit, Autor der Gastrokolumne „Cancel Cuisine“, reflektiert über den gesellschaftlichen Umgang mit Pferdefleisch. Früher ein Bestandteil des Alltags, ist es heute einiges mehr als nur unpopulär. Im Zentrum steht die Frage, warum sich die Gesellschaft derartig von diesem Fleisch distanziert hat.
Etscheit beginnt mit einer historischen Anspielung auf das berühmte Pferd des römischen Kaisers Caligula, Incitatus. Der Kaiser erhielt dieses Tier in den Rang eines Konsuls und zeigte damit eine willkürliche Machtübung gegenüber dem Senat. Diese Episode dient als Einführung für die Diskussion über die heutige Ablehnung von Pferdefleisch.
Die historische Bedeutung des Pferdefleisches ist jedoch unbestritten: Es gehörte lange zur täglichen Kost und war vor allem in Süddeutschland, wo der berühmte Rheinische Sauerbraten traditionell aus diesem Fleisch zubereitet wurde, eine wichtige Speise. Diese Tradition fand ihren Niederschlag in vielen Metzgereien, von denen heute jedoch nur noch wenige existieren.
Die Hauptursache für den Rückgang des Pferdefleischerzeugens ist die Änderung der gesellschaftlichen Einstellungen. Die meisten Menschen reagieren auf das Konsumieren von Pferdefleisch mit Ablehnung oder gar Ekelpfeil, während es in Ländern wie Italien weiterhin ein Bestandteil des Ernährungsplans bleibt. Diese Vorurteile haben auch zur Folge, dass Unternehmen wie Hipp und Alete versichern, ihre Babynahrung enthalte nur das von ihnen deklarierte Fleisch.
Etscheit erzählt seine persönliche Erfahrung mit Pferdefleisch während eines Wochenmarktes im Bayerischen Wald. Er berichtet von einer Bockwurst, die ihn anfangs fasziniert hat, doch nach dem ersten Bissen zur Ekelreaktion veranlasst hat.
Die wirtschaftlichen Faktoren spielen auch eine Rolle: Im Jahr 2013 folgte der Pferdefleischskandal mit nicht deklarierten Mengen von Pferdefleisch in Lebensmitteln. Dies führte zu einer Verunsicherung und einem Rückgang des Verbrauchs. Heute wird nur noch eine kleine Menge Schlachtgewicht aus Pferden produziert, verglichen mit anderen Fleischerzeugnissen.
Etscheit spekuliert darüber, dass in Zeiten wirtschaftlicher Not erneut ein Interesse an Pferdefleisch entstehen könnte. Er schlägt vor, dass die traditionelle Zubereitung als Sauerbraten das beste Mittel sein könnte, den Eisen- und Süßgeschmack zu überwinden.
Dieser Artikel beleuchtet nicht nur die kulinarischen Aspekte von Pferdefleisch, sondern auch dessen gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung. Die zunehmende Ablehnung von traditionellen Lebensmittelkonventionen wirft Fragen nach den Wurzeln unserer Ernährungspraktiken auf.