Politiker und Social Media: Der neue Trend im Wahlkampf

Politiker und Social Media: Der neue Trend im Wahlkampf

„Brain rot“ ist ein Begriff, der von der Generation Z geprägt wurde und sich auf Inhalte in sozialen Medien bezieht, die wenig intellektuellen Gehalt haben. Immer mehr politische Parteien greifen mittlerweile auf diese Art von Content zurück, um ihre Wähler zu erreichen. Ein Blick auf die Berliner Direktkandidaten verdeutlicht diesen Trend.

Der Begriff „Brain rot“ steht für die oft banalen Videos, die in den Feeds der User auftauchen. „Die Vorteile des Brain-rot-Contents liegen in der schnellen und unkomplizierten Produktion“, erläutert Politikberater Bendix Hügelmann, der das Nutzungsverhalten im Wahlkampf verfolgt. Auch die Direktkandidaten in Berlin setzen auf kurze Clips, um bei den Wählern im Gedächtnis zu bleiben. Allerdings gelingt dies nicht allen gleich gut, da oft eine unprofessionelle Ausführung zu beobachten ist.

Beispielsweise nutzt der CDU-Kandidat Lasse Hansen seinen Urlaub auf Mallorca, um Wahlkampf zu machen. Im Polohemd und mit einem Drink in der Hand verspricht er CO2-neutrale Flüge, damit die Partyszene auf der Insel nicht nur einmal im Jahr besucht werden kann. Politikwissenschaftler Özgür Özvatan stellt fest, dass diese Strategie möglicherweise nicht die geeignete Zielgruppe in Berlin-Mitte anspricht.

Eingebettet in diese digitale Werbewelle sind auch die Videos von Kevin Kratzsch, der während eines feucht-fröhlichen Moments einen Toast in die Kamera macht. Ähnliches gilt für seinen CDU-Kollegen Lukas Krieger, der in einem unterhaltsamen Video seinen Favoriten für einen Berliner Nachtclub präsentiert. Auch Michael Müller von der SPD wird thematisiert, als er in einem anderen Clip seine eigenen Vorzüge humorvoll ins Spiel bringt.

Doch nicht alles, was auf Social Media passiert, ist gelungen. Politikberater Özvatan bemerkt, dass die großen Parteien oft nur zögerlich auf die schnelle Entwicklung und den Stil der sozialen Medien reagieren. „Viele Politiker posten einfach irgendetwas, ohne eine klare Strategie zu haben“, stellt er fest.

Im Gegensatz dazu hat sich die Linke in der digitalen Welt rascher angepasst. Der Kandidat Ines Schwerdtner kombiniert eine Rede zur Vermögenssteuer mit einem Tanz-Clip, was eine moderne und ansprechende Art der Präsentation darstellt. Auch Gregor Gysi hat die TikTok-Plattform erobert, indem seine Reden kreativ mit Musikstücken kombiniert werden.

Die AfD hingegen setzt auf eine andere Strategie und hat eine der größten Anhängerschaften in sozialen Netzwerken. Hier werden oft plakative Meme-Videos geteilt, die gegen andere Parteivertreter gerichtet sind. Diese humorvolle, jedoch spöttische Art der Kommunikation zieht viele jüngere Wähler an.

Andere Parteien, wie die BSW von Oliver Ruhnert und Josephine Thyrêt, erscheinen eher klassisch in ihren digitalen Ansätzen. Klara Schedlich von den Grünen hat sich hingegen eine jüngere Zielgruppe vorgenommen und erklärt ihre Zukunftsvision in einem unterhaltsamen TikTok. Eine klare Ansprache an die Gen Z ist auch Sören Henschel von der FDP zu bescheinigen, der seine Ansichten über die Gaming-Kultur präsentiert.

Bendix Hügelmann, der die Social Media-Strategien im aktuellen Wahlkampf beobachtet, zieht eine Bilanz: „Brain-rot-Content kann ein Teil einer durchdachten Content-Strategie sein, alleine genügt das jedoch nicht.“ In dieser schnelllebigen Online-Welt ist Kontinuität entscheidend. Ein durchdachter Social-Media-Wahlkampf wird nicht in den Wochen vor der Wahl etabliert, sondern muss über die Jahre hinweg aufgebaut werden.

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