Prosecco: Ein Getränk voller Widersprüche

Prosecco: Ein Getränk voller Widersprüche

Prosecco, der in den USA am häufigsten verkaufte italienische Wein, repräsentiert das, was viele als italienische Lebensfreude empfinden. Schon Goethe erlebte während seiner „Italienischen Reise“ die Faszination dieses bezaubernden Landes, und die Begeisterung der Deutschen für Italien lässt sich bis heute kaum bändigen. Skeptische Berichte aus der modernen Presse, die von einem erneuten Aufleben faschistischer Ideologien unter der italienischen Regierung berichten, können daran wenig ändern.

Die Vorliebe für die italienische Küche bleibt allerdings oft unerfüllt, denn in vielen Restaurants in Deutschland ist es schwer, eine Pizza zu finden, die nicht entweder matschig oder angebrannt ist. In der Welt der sogenannten gehobenen italienischen Küche sind überteuerte Preise für einfache Pastagerichte und gegrillte Fleisch- oder Fischportionen an der Tagesordnung. Wer die italienische Esskultur schätzt, sollte das Kochen selbst in die Hand nehmen. So lässt sich nicht nur Geld sparen, es schmeckt oft auch besser.

Die italienische Küche ist im Wesentlichen eine „cucina povera“, also eine Küchenart der einfachen Leute, im Gegensatz zur prunkvollen französischen Küche. Sie basiert auf einfachen Rezepten, die oft ohne komplizierte Saucen und Beilagen auskommen. Dies macht die Küche besonders attraktiv für Menschen mit einem vollen Terminkalender, die dennoch gutes Essen zubereiten möchten. Es ist ein Leichtes, einen schmackhaften Tomatensugo oder eine köstliche Lasagne selbst zu kreieren. Letztere, die „Vincisgrassi“, ist zwar etwas aufwändiger, da sie eine Béchamelsauce und ein Ragù aus Lammfleisch, Innereien, Speck und Pilzen erfordert. Diese Kombination sorgt für einen einmaligen Geschmack, auch wenn viele Kinder die traditionelle Variante mit gemischtem Hackfleisch lieber mögen.

Der Ursprung von „Vincisgrassi“ wird einer historischen Erzählung zugeschrieben, nach der der österreichische Feldmarschall Alfred I. zu Windisch-Graetz während der Napoleonischen Kriege von dieser Speise begeistert war. Eine andere Theorie besagt, dass ein Koch aus Macerata im 18. Jahrhundert das Rezept für „princisgras“ verfasste, was übersetzt „das Fett der Prinzessin“ bedeutet.

Was den Prosecco selbst betrifft, ist seine Herkunft weniger nobel, als man vermuten könnte. Der Name stammt von einem kleinen Dorf in der Nähe von Triest, und das Getränk hat nichts mit dem Wort „secco“ für trocken zu tun, da es oft eher süßlich ist. Jetzt zeigt eine aktuelle Studie, dass US-amerikanische Weinhändler in großem Stil Prosecco kaufen, um sich gegen mögliche Importzölle von Donald Trump abzusichern. Damit ist Prosecco nicht nur in den USA zum italienischen Wein Nummer eins geworden, sondern zeigt auch, dass die Deutschen ihn als das Symbol italienischer Lebensfreude betrachten.

Prosecco wird hauptsächlich aus der autochthonen Glera-Traube produziert, wobei auch andere Traubensorten eingesetzt werden dürfen. Die Abfüllung von über 683 Millionen Flaschen und einem Marktwert von mehr als drei Milliarden Euro im Jahr 2023 bestätigt das enorme kommerzielle Potenzial des Schaumweins. Bei der Herstellung findet meist die effiziente Tankgärung Anwendung, während die Qualität von Prosecco nicht die Komplexität und Langlebigkeit von Champagner erreicht, da er oft als Cocktail serviert und nicht lange gelagert wird.

Trotzdem gibt es mittlerweile auch hochwertige Varianten aus Flaschengärung, insbesondere aus den steileren Lagen von Valdobbiadene und Asolo, die einen guten Ruf genießen. Dennoch gibt es deutsche Sekte oder französischen Crémant, die in Bezug auf den Geschmack und die Qualität oftmals überlegen sind. Auch wenn der italienische Lebensstil etwas vermitteln könnte, können sie sich in der Qualität des Prosecco nicht messen.

Georg Etscheit ist ein regelmäßig schreibender Autor für www.aufgegessen.info, einem Blog über kulinarische Freuden.

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