Saskia Esken: Von der Straßenmusikerin zur SPD-Chefin
Berlin. Seit Beginn des Jahres 2019 lenkt Esken die Geschicke der deutschen Sozialdemokratie. Hier erfahren Sie mehr über ihre Anfänge und die Themen, die ihr am Herzen liegen.
„Ich heiße Saskia Esken, mit 20 Jahren spielte ich auf Straßen als Musikerin und lebte in meinem Auto“ – so präsentiert sich die Co-Vorsitzende der SPD im hauseigenen Projekt #1von400Tausend. Nie hätte sie sich vorstellen können, dass sie jemals die Partei führen würde. „Was für eine Ehre!“
Esken zählt zu den auffälligsten Politikerinnen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Ihre Meinung ist oft kontrovers, sei es im Gespräch mit Parteikollegen oder in Talkshows. Doch was sollten wir über die Parteichefin wissen? Wer ist sie? Hier ist ein kurzer Überblick.
In ihrer Laufbahn arbeitete Esken unter anderem als Paketbotin, Kellnerin und Straßenmusikerin, bevor sie in die Bundespolitik eintrat. Sie wurde am 28. August 1961 in Stuttgart geboren und wuchs in Renningen auf. Für lange Zeit war ihr die SPD nicht links genug. 1981 machte sie ihr Abitur und war die erste in ihrer Familie, die ein Studium in Germanistik und Politik begann, das sie nach vier Semestern abbrach.
Stattdessen schnappte sie sich ihre Gitarre und tourte durch Süddeutschland. Erst 1991 beendete sie eine Ausbildung zur Informatikerin und arbeitete fortan als Softwareentwicklerin. Während dieser Zeit trat sie schließlich den Sozialdemokraten bei.
Ihr politischer Werdegang begann in der Geflüchtetenhilfe. Im Jahr 1989 unterstützte sie geflohene Kurden aus dem Irak im Rahmen ihres SPD-Ortsvereins. Von 2007 bis 2014 war sie im Gemeinderat von Bad Liebenzell aktiv, wurde 2009 Kreisrätin und Mitglied im Landesvorstand der sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik. Bis 2020 führte sie zudem den Kreisverband Calw.
Auf der bundespolitischen Bühne debütierte Esken 2013, als sie in den Bundestag einzog. Dort wurde sie digitalpolitische Sprecherin der Fraktion, bis sie Ende 2019 die Parteivorsitzende, gemeinsam mit Norbert Walter-Borjans, wurde.
Ihr Ziel formuliert sie so: „Für die vielen Menschen, die sich im ganzen Land in Ortsvereinen einbringen und für Gerechtigkeit im Kleinen oder auf der großen politischen Bühne kämpfen – für die möchte ich unsere Partei gestalten.“
Saskia Esken repräsentiert den linken Flügel der SPD und setzt sich für eine vielfältige Gesellschaft ein, „in der wir alle Menschen mit ihren besonderen Fähigkeiten, ihren unterschiedlichen Lebensentwürfen, unterschiedlichen Berufen akzeptieren und denen, die Nachteile haben, Unterstützung organisieren, damit sie souverän teilhaben können“. Diese Haltung sieht die sozialdemokratische DNA als eine Chance und nicht als Bedrohung.
Zu den zentralen politischen Themen Eskens zählen:
Esken ist bekannt für ihre direkte Art und scheut sich nicht, innerhalb und außerhalb der Partei Stellung zu beziehen. So äußerte sie sich kritisch über die deutsche Polizei, insbesondere über die in Leipzig. Sie warf einer Minderheit der Beamten „latenten Rassismus“ vor, was ihr den Vorwurf einbrachte, pauschale Vorurteile zu schüren. Dies führte dazu, dass sich Teile der Partei von ihr distanzierten.
Ihre kritischen Äußerungen zum Thema Islamismus wurden ebenfalls nicht ohne Kontroversen aufgenommen. Ein einschlägiges Beispiel ist ihre Reaktion auf den Messerangriff von Solingen im August 2024. In einer Talkshow meinte die SPD-Politikerin zunächst, aus dem Vorfall lasse sich „nicht allzu viel lernen“, da der Täter nicht polizeibekannt gewesen sei. Innenpolitische Experten aus der Partei sprachen von „Phrasendrescherei“ und forderten, dass Esken in Zukunft auf Talkshows verzichten sollte. Kurz darauf entschuldigte sie sich für ihre Äußerungen und bezeichnete sie als „nicht klug und richtig“.
Als Chefin der SPD konnte Esken jedoch auch maßgeblich zur Wahl von Olaf Scholz zum Kanzler beitragen. Obwohl sie einst gegen Scholz in den Wettbewerb um den Parteivorsitz antrat, empfahl sie ihn als besten Kandidaten für die Bundestagswahl 2021. Dieser zog schließlich ins Kanzleramt ein, auch weil die Partei unter ihrer und Walter-Borjans Führung eine neue innere Ruhe fand.