Wahlkampfgeplänkel in Hamburg: 35 Prozent der Wähler setzen auf Briefwahl
In Hamburg haben sich 35 Prozent der wahlberechtigten Bürger für die Briefwahl entschieden, ein bemerkenswerter Anteil, der im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 registriert wurde. Am Sonntag findet das entscheidende Ereignis statt, das die vier prominentesten Kanzlerkandidaten – Olaf Scholz von der SPD, Friedrich Merz von der CDU/CSU, Robert Habeck von den Grünen und die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel – auf den Prüfstand stellt.
Die Wahlperiode, die als eine der kürzesten und gleichzeitig umkämpftesten in der Geschichte der Bundesrepublik gilt, bringt ein intensives Werben um die Stimme der Hamburger mit sich. Auch in den letzten Tagen mobilisieren die Parteien in der Hansestadt, um mögliche Wähler für sich zu gewinnen. Am Freitag werden zum Beispiel Annalena Baerbock und Robert Habeck in der Fischauktionshalle sowie Marie-Agnes Strack-Zimmermann in der Patriotischen Gesellschaft erwartet. Der Abschluss des Wahlkampfs der AfD findet am Samstag in der Friedrich-Ebert-Halle statt, wobei zahlreiche Gegendemonstrationen angekündigt sind. Bis zu 25.000 Teilnehmer könnten am Wochenende in der Innenstadt erwartet werden.
Laut dem Landeswahlleiter Oliver Rudolf sind am Sonntag in Hamburg 1,299 Millionen Menschen wahlberechtigt. Der große Anteil an Briefwählern ist vor allem bemerkenswert, da die Antragsfrist für die Briefwahl relativ kurz war. Hintergrund ist das verspätete Datum der Wahl, das durch das Scheitern der Ampel-Koalition in Berlin bedingt wurde. Wähler, die noch kurzfristig die Briefwahl beantragen möchten, sollten direkt zur zentralen Briefwahlstelle am Gerhart-Hauptmann-Platz gehen und ihren Personalausweis mitbringen.
Der Wahlsonntag bietet auch die Möglichkeit, die Stimmenauszählung ab 18 Uhr in den Wahllokalen zu beobachten. Die Öffentlichkeit ist dazu eingeladen, wobei die Auszählung der Briefwahl ebenfalls an festgelegten Standorten stattfinden wird. Ob und wann die vorläufigen Ergebnisse in Hamburg bekannt gegeben werden, bleibt abzuwarten – möglicherweise könnte es gegen 22.30 Uhr soweit sein.
Eine interessante Neuerung betrifft das Verhältniswahlrecht: Selbst wenn ein Kandidat einen Wahlkreis gewinnt, zieht er nicht automatisch in den Bundestag ein. Der Grund ist eine Wahlrechtsreform, die zuerst eine Berechnung durch die Bundeswahlleiterin erfordert, um die Mandate auf die Parteien aufzuteilen. Dies könnte dazu führen, dass sogar erfolgreiche Wahlkreiskandidaten, die auf keiner Spitzenposition der Landesliste stehen, nicht gewählt werden.
Die Briefwahl in Hamburg verlief jedoch nicht ohne Probleme. So hatte eine Familie, die fristgerecht Unterlagen anforderte, Schwierigkeiten, als ihr Antrag zunächst als eingegangen galt. Letztlich fehlte ein Wahlschein, was zu Verwirrung führte.
Im Vorfeld der Wahl hat die Psychotherapeutenkammer warnend auf eine mögliche Stigmatisierung psychisch erkrankter Menschen reagiert, indem sie betonte, dass diese nicht gewalttätiger seien als die Allgemeinbevölkerung. Ein diesbezügliches Register zur Gewaltprävention finden die Experten inakzeptabel.
Für den Wahltag hat der E-Scooter-Anbieter Lime ein spezielles Angebot: Wähler können kostenlos zu ihrem Wahllokal fahren.
Das Abendblatt hat sich mit verschiedenen Kandidaten und Kandidatinnen abgegeben, um ihre Ziele zu erfahren. Dabei fällt auf, dass unterschiedliche persönliche Geschichten und Hintergründe thematisiert werden. Auch eine Neuigkeit befindet sich im Internet, die Behauptungen über die Vernichtung von Briefwahlunterlagen in Hamburg aufwirft. Der Landeswahlleiter hat klargestellt, dass es sich dabei um Falschinformationen handelt.
Nach der Bundestagswahl am 23. Februar müssen sich die Hamburger am 2. März auch der Bürgerschaftswahl stellen. Um rechtzeitig informiert zu sein, finden sich auf der E-Paper-App des Abendblatts alle wichtigen Informationen und Hintergründe zu beiden Wahlen.
Zudem wird am Samstag eine große Demonstration gegen Rechtsextremismus unter dem Motto „Rechtsextremismus stoppen – Demokratie verteidigen“ erwartet, bei der mehrere Zehntausend Teilnehmer in der Innenstadt mobilisiert werden. Weitere kreative Protestaktionen sind, beispielsweise an der „Demo-Diskothek“, geplant.
Wohin auch immer der Wind weht, die politischen Wogen in Hamburg sind hoch und der Wahlkampf scheint noch lange nicht zu enden.