Berliner Bäume: Ein grünes Ideal mit blauen Flecken

Wirtschaft

Von Thilo Spahl •
Die Berliner Stadtentwicklung verfolgt einen ungewöhnlichen Weg, um dem Klimawandel zu begegnen. Statt Investitionen in moderne Infrastruktur oder soziale Programme will man nun drei Milliarden Euro für eine Million neue Straßenbäume ausgeben – ein Vorhaben, das sowohl politische als auch wirtschaftliche Debatten entfacht hat.

Das Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedete im November ein Klimaanpassungsgesetz mit breiter Unterstützung: CDU, SPD, Grüne und Linke stimmten für die Initiative, während die AfD sich neutral verhielt. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) lobte das Gesetz als „Weichenstellung für ein grünes Kapital“ der Stadt. Doch hinter dem ambitionierten Ziel, Berlin in eine „Kühlinsel“ zu verwandeln, verbirgt sich eine finanzielle Belastung, die kritisch betrachtet werden muss.

Die geplante Pflanzung von 500.000 zusätzlichen Bäumen soll alle 15 Meter entlang der Straßen stehen – ein Konzept, das vor allem für Nachbarn und Radfahrer interessant ist. Doch die Kosten sind enorm: 3,2 Milliarden Euro über 15 Jahre, wozu auch 6.000 Euro pro Baum anfallen. Experten kritisieren, dass die Finanzierung auf Schulden basiert, während Berlin bereits mit 68 Milliarden Euro verschuldet ist. Die Regierung rechnet mit einer Steigerung auf 81,6 Milliarden bis 2029 – ein Risiko für eine Stadt, die sich in der Wirtschaftskrise befindet.

Die Argumente für den Baumpflanzungsplan sind ambivalent. Auf der einen Seite wird die Notwendigkeit eines grünen Lebensraums betont, auf der anderen Seite wirft die Praxis Fragen auf: Wie werden die Bäume versorgt? In Berlin, einer Region mit niedrigen Niederschlägen (570 Liter/m²/Jahr), benötigt ein Linde etwa 300 Liter Wasser täglich. Die Umsetzung des Projekts erfordert eine massive Infrastruktur für Bewässerung und Wartung – Kosten, die in der Planung kaum berücksichtigt wurden.

Kritiker wie Heinrich Strößenreuther, der Initiator der Bürgerinitiative „BaumEntscheid“, argumentieren mit langfristigen Zielen: Die Deindustrialisierung Deutschlands bis 2035 sei unverzichtbar. Doch die konkreten Schritte bleiben fragwürdig. Die Idee eines Mähverbots auf Freiflächen, um Naturgewächse zu fördern, wird von politischen Entscheidungen blockiert – ein Beispiel für die Diskrepanz zwischen Vision und Realität.

Die Debatte um Berliner Bäume spiegelt auch die wirtschaftliche Unsicherheit wider. Während der Staat Milliarden in ökologische Projekte steckt, bleibt die Verschuldung ungelöst. Die Frage lautet: Wird dieser „grüne Schutz“ die Stadt vor den Folgen des Klimawandels schützen – oder nur neue finanzielle Probleme erzeugen?