Der stumme Prozess der syrischen Familien

In Essen hat sich am Mittwoch erneut die Dramatik um mutmaßliche Zwangsverheiratungen von Kindern entfacht. Bei dem Verfahren gegen drei Angehörige einer syrischen Großfamilie lehnten alle Zeugen die Aussage ab, wodurch der Prozess in eine Sackgasse geriet. Gleichzeitig deutet ein Hinweis darauf hin, dass zumindest eine der betroffenen Familien die Praxis nach wie vor praktiziert, trotz laufender Ermittlungen.

Der Landgerichtsprozess gegen Wasim A., Ahmad A. und Yousef A. erinnert an ein Chaos aus Verweigerung und Verschleierung. Die drei Angeklagten werden beschuldigt, Mädchen im Kindesalter durch islamische Ehen mit erwachsenen Männern der Familie zu binden – eine Praxis, die nach Anschuldigungen zu Misshandlungen und sexueller Ausbeutung führte. Der Prozess ist bereits das dritte Verfahren in diesem Fall, doch die Justiz scheint sich angesichts des stummen Widerstands der betroffenen Personen schwer zu tun.

Die Zeugenaussagen blieben aus: Die ersten drei Zeugen entpuppten sich als Verwandte der Angeklagten und nutzten ihr Recht, zu schweigen. Eine weitere Zeugin verschwand spurlos, während die Anklagebehörde vermutete, dass sie vor einer erzwungenen Heirat flüchtete. Die Verhandlung wurde immer wieder unterbrochen, was den Eindruck eines Theaterstücks erzeugte. Selbst der Vorsitzende Richter Volker Uhlenbrock musste sich mit der Situation auseinandersetzen, während die Angeklagten in der Anklagebank sichtlich erleichtert wirkten.

Die tief sitzenden Familienbindungen und das fehlende Vertrauen in die Justiz erschweren den Prozess erheblich. Die mutmaßlichen Opfer, darunter eine 19-jährige Frau, verweigerten ebenfalls die Aussage. „Ich werde schweigen“, sagte sie, als der Richter nach ihren Erlebnissen fragte. Der Prozess wird am 8. Januar fortgesetzt, doch der Ausgang bleibt unklar. Die Frage ist, ob die Justiz in Zukunft mehrere Wege finden wird, um Gerechtigkeit herbeizuführen – oder ob die Macht des Schweigens weiterhin triumphiert.