Die Bestattungskultur der Urmenschen: Ein Blick in die Vergangenheit

Die Bestattungskultur der Urmenschen: Ein Blick in die Vergangenheit

In einer aktuellen Forschungsarbeit hat ein Team von Wissenschaftlern die Bestattungsbräuche der Neandertaler und der frühen Homo sapiens unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung offenbaren bemerkenswerte Parallelen sowie unterschiedliche Praktiken, die bei den Bestattungen vor mehr als 35.000 bis 120.000 Jahren in Westasien vorherrschten.

Laut den veröffentlichten Ergebnissen, die in der Fachzeitschrift „L‘Anthropologie“ zu finden sind, zeigen sich signifikante Unterschiede in den Bestattungsarten: „Neandertaler legten ihre Toten in Höhlen zur letzten Ruhe. Im Kontrast dazu beerdigten frühe Homo sapiens ihre Verstorbenen entweder außerhalb dieser Höhlen oder in unmittelbarer Nähe zu deren Eingängen, jedoch nie darunter“, berichtete die Paläoanthropologin Ella Been von der Universität Tel Aviv im Gespräch mit „Live Science“.

Ein weiterer markanter Unterschied zeigt sich in der Art und Weise, wie die Leichname plaziert wurden: „Die frühen Homo sapiens beerdigten ihre Toten meist in einer Embryostellung, wobei der Kopf in Richtung Brust geneigt war.“ Die Neandertaler hingegen wählten für ihre Bestattungen vielseitige Körperhaltungen.

Trotz dieser Unterschiede finden sich auffällige Gemeinsamkeiten: Beide Gruppen hinterließen ihren Verstorbenen Grabbeigaben. Archäologische Funde in neandertalerischen Gräbern umfassen beispielsweise Wildziegenhörner und Schildkrötenpanzer. Im Gegensatz dazu fanden sich in den Gräbern der frühen Homo sapiens Hirschgeweihe, Wildschweinkiefer und Muscheln.

Die Levante, der oste Mittelmeerraum, stellte einen bedeutenden Schauplatz in der menschlichen Geschichte dar, dort begegneten sich Neandertaler und Homo sapiens, was auf einen Austausch von Kultur und Wissen hinweist. Die Studie legt nahe, dass beide Gruppen vor etwa 90.000 bis 120.000 Jahren unabhängig die Tradition der Bestattung einführten. Nach dem derzeitigen Wissensstand waren sie die einzigen Menschenarten, die diese rituelle Praxis ausführten.

„Es gab andere Homininen, die ebenfalls mit ihren Toten interagierten, aber niemand hat seine Toten so ins Erdreich gebettet wie wir und die Neandertaler“, erklärte die Hauptautorin Been.

Die Forschung bekräftigt die Theorie, dass die Levante eine entscheidende Route für Menschen darstellt, die aus Afrika migrierten. „Das war für mich die größte Überraschung“, so Been. „Durch den Vergleich ihrer Bestattungsgewohnheiten wurde klar, dass die Bestattungsplätze in Afrika und Europa erst nach den Funden in der Levante entstanden sind.“

Es wird angenommen, dass die Rituale nicht nur eine spirituelle Rolle spielten, sondern auch zur Markierung von Territorien dienten. „Wenn Druck im Hinblick auf Ressourcen besteht, konnten Bestattungen dazu beitragen, die Zugehörigkeit zu bestimmten Höhlen zu verdeutlichen“, bemerkte Been.

Trotz der eindrücklichen Erkenntnisse hält die Aussagekraft der Studien noch Rücksprache. John Hawks, ein Paläoanthropologe an der University of Wisconsin-Madison, weist darauf hin, dass die gegenwärtige Datenlage noch nicht ausreiche, um die Levante als Ursprung aller Bestattungstraditionen zu bestätigen. Auch Been stimmt zu und plädiert für „mehr Ausgrabungen“, um die Hypothese zu untermauern.

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