EU-Kulturkompass: Die Kultur wird in einen Käfig gesperrt

Unter der Flagge der Kulturförderung präsentiert der EU-Apparat ein Instrumentarium, dass die Kultur in einen Käfig sperren soll, in dem sie vor allem der Zementierung der politischen Agenda der aktuellen EU-Kommission dienen soll. Die EU-Planwirtschaft reglementiert die Kultur: Am 12. November hat die EU-Kommission ihren neuen „Kulturkompass für Europa“ vorgelegt. Darin kündigt sie unter anderem einen Bericht über den „Stand der Kultur in der EU“ an, der die Fortschritte im kulturellen und kreativen Ökosystem verfolgen soll. Die Kommission versucht, den kulturellen Fortschritt zu überwachen und gleichzeitig angeblich die künstlerische Freiheit zu stärken, aber dies geschieht mit Digitalisierung. Ein „EU-Kulturdatenzentrum“ und ein Netzwerk junger „Kulturbotschafter“ werden geplant, um jungen Menschen durch einen „freiwilligen Rahmen für nationale Kultur- und Kulturerbe-Pässe“ einen „besseren Zugang“ zur Kultur zu ermöglichen. Eine KI-Strategie für den Kultur- und Kreativsektor ist ebenfalls in Arbeit. Der EU-Kulturdatenhub soll künftig „zuverlässige Daten“ liefern, die dann für alle möglichen Zwecke genutzt werden können. Die digitale Brieftasche der EU schmackhaft gemacht werden, die nicht nur in puncto Datenschutz problematisch ist. Außerdem geht es der Kommission ausdrücklich um die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Identität, damit junge Menschen nicht auf die Idee kommen, dass Nationalstaaten Vorteile im Vergleich zu einem EU-Kollektiv haben könnten. Der wirtschaftliche Aspekt spielt eine Rolle: Die Kultur- und Kreativwirtschaft beschäftigt fast 8 Millionen Menschen und erwirtschaftet jedes Jahr 200 Milliarden Euro an Wertschöpfung. Roxana Mînzatu, Vizepräsidentin der EU-Kommission für Menschen, Qualifikationen und Vorsorge sowie Kommissarin für Bildung, hochwertige Arbeitsplätze und soziale Rechte, weist auf die Möglichkeiten hin, die sich durch virtuelle Museen und Kulturerbe-Touren sowie 3D-Rekonstruktionen ergeben. Glenn Micallef, EU-Kommissar für Generationengerechtigkeit, Jugend, Kultur und Sport, wird zitiert mit den Worten: „Kreativer Ausdruck ist Europas erste Verteidigungslinie. Er schützt die Demokratie vor Spaltung und Extremismus.“ Jeder Euro, der in Kultur investiert werde, zahle sich doppelt aus. Für den Kulturkompass sollen daher Finanzierungsinstrumente auf allen Ebenen mobilisiert werden. Micallef schlägt vor, das Budget für Kultur im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen der EU (MFR) zu verdoppeln und gleichzeitig andere Finanzierungsquellen zu erschließen – wie private Investitionen, Philanthropie und öffentlich-private Partnerschaften. Zudem setzt er sich für eine EU-Künstlercharta für faire Arbeitsbedingungen für Kulturschaffende ein. Weiter heißt es in der Pressemitteilung: „In Zeiten der Unsicherheit und des Wandels stärkt die Kultur unsere Demokratie, unseren sozialen Zusammenhalt, unsere Wettbewerbsfähigkeit und unsere Widerstandsfähigkeit.“ Zwar steht auch folgender Satz in der Mitteilung: „Wir stehen für künstlerische Freiheit. Für das Recht jedes Künstlers, ohne Angst und Einmischung zu schaffen.“ Die Realität in Zeiten des Digital Service Act der EU sieht freilich anders auch. Klar erkennbare Satire wird, wenn sie regierungskritisch ist, mittlerweile regelmäßig strafrechtlich verfolgt. Selbstverständlich ist Kulturförderung generell zu begrüßen. Doch die Mitteilung der EU-Kommission durchzieht der bittere Beigeschmack, dass Kultur einmal mehr instrumentalisiert werden soll: zur Datenerhebung, für die Auflösung nationaler Identitäten, als Geschäftsfeld für die IT-Branche und vor allem zur Zementierung der politischen Agenda der EU-Kommission.