Freunden in schwierigen Beziehungen helfen: Ein Expertenrat
Hamburg. Der Umgang mit Freunden in einer belastenden Beziehung kann eine herausfordernde Situation sein. Wie lässt sich helfen, ohne den Druck zu erhöhen? Ein Fachmann gibt hilfreiche Ratschläge.
Es kann äußerst schmerzhaft sein, einem Freund oder einer Freundin dabei zuzusehen, wie sie in einer ungünstigen Partnerschaft gefangen sind. Auch wenn die Anzeichen für eine problematische Beziehung oft klar zu erkennen sind, wirkt der Weg zur Trennung oft unüberwindbar. Wie kann man als unterstützender Freund agieren, ohne die Grenzen der Freundschaft zu überschreiten? Eric Hegmann, Paartherapeut und Mitbegründer der Modern Love School, erläutert wichtige Schritte, die helfen können.
In einer gesunden Partnerschaft sollte der Raum für Wohlbefinden und persönliches Wachstum bestehen. Hier unterstützen sich beide Partner und tragen aktiv zum Glück des anderen bei. Demgegenüber ist eine toxische Beziehung geprägt von Kontrolle und Manipulation. Anhaltende Kritik, unbegründete Eifersucht und emotionale Erpressung bestimmen den Alltag.
Probleme in solchen Beziehungen beeinflussen die betroffenen Personen stark: „Resultat ist, dass viele Betroffene ‚blind vor Liebe‘ werden. Sie können oft nicht mehr erkennen, ob ihre Beziehung lediglich eine Krise durchlebt oder ob sie sich tatsächlich in einer toxischen Umgebung befinden,“ erklärt Hegmann. Häufig stellt man erst zu spät fest, wie sehr man die Kontrolle über sein Leben verloren hat.
Hier sind einige Warnsignale dafür, dass ein Freund oder eine Freundin in einer toxischen Beziehung steckt:
1. Fortdauernde Isolation
In einer solchen Beziehung haben Geben und Nehmen ihren Wert verloren. Die betroffene Person handelt nicht mehr aus Liebe, sondern aus Angst oder dem Bedürfnis, Konflikte zu vermeiden. „Die individuelle Freiheit wird eingeschränkt, sodass sie öfters Kompromisse eingehen, die sie nicht möchten, und dadurch ungerechtfertigte Beschimpfungen oder Vorwürfe erdulden,“ erklärt Hegmann. Rückzug von Freunden und Familie wird in dieser Zeit zu einem klaren Signal, das nicht ignoriert werden sollte.
2. Veränderung des Wesens
Ein weiteres Kriterium für eine schädliche Beziehung ist, wenn sich das Wesen einer Person verändert – von ursprünglich fröhlich und offen hin zu traurig und gestresst. „In einer toxischen Partnerschaft fühlt man sich einfach nie richtig gut genug,“ bemerkt der Therapeut. Dies hat oft fatale Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl der Betroffenen.
Als nahestehender Freund fragt man sich oft, warum jemand in einer solchen Verbindung bleibt. Hegmann hebt hervor, dass viele Betroffene in sich eine große Schuld für ihre Situation empfinden. Sie glauben fälschlicherweise, für die Unzufriedenheit des Partners verantwortlich zu sein.
„Es ist, als würde einem ständig etwas Begehrenswertes vorenthalten werden,“ stellt der Fachmann fest. Die ständigen Schuldgefühle der Betroffenen führen dazu, dass sie nach Bestätigung und Anerkennung im Partner streben, während sie schädliches Verhalten dulden.
In einer echten Freundschaft ist es wichtig, sich gegenseitig zu unterstützen. Allerdings kann ein übermäßiges Einmischen auch als wahrnehmbare Bedrohung angesehen werden. „Fragen Sie sich immer zuerst, warum Sie besorgt sind. Ein freundschaftlicher Rat kann oft zu Misstrauen führen,“ rät Hegmann.
Dennoch empfiehlt er folgende Handlungsansätze:
1. Zuhören ohne Urteil
Toxische Beziehungen sind vielschichtig, und oft sollten Freunde ihre Beobachtungen mitteilen, ohne Ratschläge zu erteilen. „Ein offenes Ohr und Verständnis reichen oft schon aus,“ sagt Hegmann. Das Ausdrücken von Empathie und Verständnis kann helfen, die betroffene Person zum Nachdenken über ihre Beziehung anzuregen.
2. Unterstützung bieten
Freunde können die schwere Last nicht vollständig abnehmen, dennoch ist Zuhören eine wertvolle Form der Unterstützung. „Wichtig ist es, den Betroffenen nicht unter Druck zu setzen oder sich in ihre Beziehung einzumischen. Dies kann dazu führen, dass sie sich zwischen zwei Loyalitäten entscheiden müssen,“ erklärt Hegmann.
3. Trennung begleiten
Der Prozess der Trennung ist oft extrem belastend. Hier ist es wichtig, den Freunden beizustehen und Verständnis für ihre Verfassung zu zeigen. Es könnte hilfreich sein, eine Auszeit von den Quellen des emotionalen Drucks zu bekommen. Zudem können Freunde dabei helfen, professionelle Unterstützung zu finden.
Diese Ansätze können denjenigen, die sich in toxischen Beziehungen befinden, den Ausstieg erleichtern und langfristig zu einem gesünderen Leben führen.
Der Artikel erschien ursprünglich in der Berliner Morgenpost.
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