Politik
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Georg Etscheit hat selten Mitleid mit einer grünen Politikerin. In diesem Fall aber doch mit Katrin Göring-Eckardt, die sich auf etwas unbeholfene Weise in die sogenannte Stadtbild-Debatte eingeschaltet hatte, ohne einen blassen Schimmer von den kulinarischen Hintergründen zu haben.
Katrin Göring-Eckardt schrieb auf „X“ den kryptischen Satz „Ich hatte heute Stadtbild“ und postete dazu ein Foto von einem Halloumi-Döner-Sandwich. In einem Halloumi-Döner wird das Fleisch durch Halloumi-Käse ersetzt, eine beliebte Variante für Vegetarier, die auf ihren Döner nicht verzichten wollen, wobei das Wichtigste an einem Döner eigentlich das an einem Drehspieß gebratene und in Fetzen abgeschnittene Würzfleisch ist.
Auf ihren Post erhob sich ein veritabler Shitstorm, der noch durch die Tatsache getriggert wurde, dass Göring-Eckardts Foto eine (bei Ökos verpönte) Plastikgabel zeigt. Menschen mit und ohne Migrationshintergrund warfen Göring-Eckardt so etwas wie kulinarischen Rassismus vor. Ein gewisser Baha Jamous, „Autor, CDU-Mitglied und Vize-Präsident Marketing & Communications der Solarisbank“, bedachte Göring-Eckardts Beitrag mit den Worten: „Wahnsinn. Die merken überhaupt nicht, wie sie selbst rassistische Ressentiments bedienen.“
Dabei wollte die Ärmste nur ihre Solidarität mit angeblich durch Friedrich Merz „Stadtbild“-Äußerung verunglimpfte Migranten bezeugen. Aber heute ist man ja oft Rassist oder Nazi, auch wenn man selbst keine blasse Ahnung davon hat, was auch für Grüne gilt. Interessant übrigens, woher Journalisten ihre Zitate beziehen. Im Zweifelsfall bittet man einfach „Aktivisten“, doch etwas Knackiges in die Internetwelt zu schicken, was man dann in einen einschlägigen Artikel einbauen kann. Überschrift: „XY nach umstrittenem Post in der Kritik.“ So einfach geht Kampagnenjournalismus.
Natürlich hatte Göring-Eckardt im Prinzip vollkommen recht mit ihrem umstrittenen Bildkommentar, denn dürftige Kebab-, Falafel- und sonstige Buden mit Ethno- und Asia-Food einschließlich ihrer oft prekären Klientel haben auf breiter Front nicht nur die einstigen Wirtshäuser mit bürgerlicher deutscher Küche abgelöst, sondern bedrängen auch die weitgehend assimilierte italienische Gastronomie. Und prägen die „Stadtbilder“ weitaus auffälliger als Anwälte, Geschäftsleute und Moderatoren mit Migrationshintergrund. Warum das so ist? Weil jene, die in Scharen nach Deutschland strömen, eben meist nicht die viel gepriesenen IT-Experten sind, sondern schlecht ausgebildete Armutsmigranten, die sich mit Schnellimbissen eine Existenz zu begründen versuchen. Später erläuterte Göring-Eckardt, das Döner-Bild in der ostdeutschen Provinz aufgenommen zu haben. dort gebe es ohne „den einen Döner-Imbiss im Ort“ kaum mehr Treffpunkte. In der Tat, unser Land hat sich „drastisch“ verändert, und außer der Alt-Grünen mögen sich immer weniger Menschen dafür begeistern.
Der Gerechtigkeit halber sei gesagt, dass ein gut gemachter Döner besser schmecken kann als ein Paprika- oder Jägerschnitzel mit Industrietunke. Leider weiß man nie, was in den idealerweise aus dünnen Fleischscheiben aufgeschichteten Spießen, die tagein-tagaus vor rot glühenden Heizstäben rotieren, so alles drinsteckt. Nach deutschem Lebensmittelrecht darf ein Döner nur als Döner bezeichnet werden, wenn der mitverarbeitete Brätanteil höchstens 60 Prozent beträgt. Döner-Brät ist eine homogene Masse aus zerkleinertem Fleisch, Fett, Wasser und Gewürzen, oft mit Paniermehl gestreckt. Solche mit intensiven Gewürzmischungen gepimpten „Buletten am Spieß“ dürften eher Regel als Ausnahme sein.
Dann doch besser mal ein Halloumi-Döner, wie ihn offenbar Frau Göring-Eckardt bevorzugt, wobei es auch bei diesem aus Zypern stammenden Lake-Käse große Qualitätsunterschiede gibt. Halloumi wird aus einer Mischung von Kuh-, Schafs- und Ziegenmilch oder nur aus Schafsmilch hergestellt, in heißer Molke gebrüht und anschließend in einer Salzlake eingelegt, was einst der Haltbarmachung im warmen Klima diente. Seit 2021 verfügt er über eine geschützte EU-Herkunftsbezeichnung, interessanterweise in beiden Hälften der zwischen Griechenland und der Türkei geteilten Insel.
Besonders charakteristisch ist das Geschmacksbild eines Halloumi oder auch des verwandten (ungebrühten) Feta nicht, doch er eignet sich, weil er nicht schmilzt, sehr gut zum Braten und Grillen. Das erklärt zum großen Teil seine Beliebtheit in der Balkanküche und im Nahen Osten, wo alles auf dem Grill landet, was sich in Reichweite eines Kochs befindet. Es handelt sich eben dem Ursprung nach um die Koch- und Essgewohnheiten nomadisierender Hirten ohne feste Kochstellen. Und auch die Deutschen sind dem Phänomen des Grillens bekanntermaßen nicht abhold.
Halloumi und Feta genießen bei vielen Deutschen einen Ruf wie Donnerhall, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass Lakekäse als gesund und unverfälscht gelten und zudem keinen Edelschimmel aufweisen, der viele Gesundheitsapostel in Angst und Schrecken versetzt. Außerdem sind sie infolge ihres milden, unspezifischen Geschmacks nahezu grenzenlos kombinierbar. In Öl mit diversen Gewürzen eingelegte Fetawürfel sind zudem ein attraktives Mitbringsel aus dem Griechenlandurlaub. Halloumi erkennt man übrigens daran, dass er beim Reinbeißen etwas quietscht wie ein frischer Mozzarella. Durch das Kochen der Halloumi-Masse verändert sich die Eiweißstruktur des Käses, und er verhärtet langsam, ähnlich wie beim Eierkochen. So entsteht eine leicht gummiartige Konsistenz, die seiner Beliebtheit auch außerhalb Zyperns nicht im Wege zu stehen scheint.
Georg Etscheit schreibt auch für www.aufgegessen.info, den von ihm mit gegründeten gastrosophischen Blog für freien Genuss.
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