Neuer Flug aus Afghanistan erwartet – Wenig Ortskräfte an Bord

Neuer Flug aus Afghanistan erwartet – Wenig Ortskräfte an Bord

Berlin. Deutschland plant, mit den Taliban Gespräche über Abschiebungen zu führen, gleichzeitig holt die Bundesregierung zahlreiche Afghanen ins Land. Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären?

Im Nachgang mehrerer Anschläge in Deutschland, bei denen Täter aus Afghanistan involviert waren, wird vermehrt über die Notwendigkeit regelmäßiger Abschiebungen in das von der Krisenlage gezeichnete Land diskutiert. Doch die Bundesregierung steht vor einem schwierigen Problem: Afghanistan wird von den radikal-islamischen Taliban regiert, und es bestehen keine diplomatischen Beziehungen zu dieser Gruppe – die Rückführung von Straftätern gestaltet sich daher als äußerst kompliziert.

Gleichzeitig setzt Berlin die Aufnahme afghanischer Staatsbürger fort. Erst vergangene Woche wurden 155 Menschen aus Afghanistan in Deutschland empfangen, und für den darauffolgenden Mittwoch wird ein weiterer Flug aus Pakistan mit voraussichtlich 157 Afghanen erwartet. Der Hintergrund dieser scheinbar inkonsistenten Politik ist vielschichtig.

Nach der Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 und dem schnellen Rückzug der Bundeswehr sowie internationaler Truppen kündigte die Bundesregierung an, besonders gefährdete Personen, darunter die sogenannten Ortskräfte, nach Deutschland zu bringen. Diese ehemaligen Mitarbeiter der deutschen Regierung, ihre Angehörigen sowie Journalistinnen, Menschenrechtsaktivisten und somit Personen, die in Afghanistan als Verräter gelten könnten, sehen sich großem Risiko ausgesetzt, unter den Taliban verfolgt zu werden.

Seit dem Sommer 2021 hat Deutschland Tausenden Afghanen Schutz angeboten. Insgesamt wurden etwa 48.000 Aufnahmezusagen erteilt, wobei bislang etwa 35.800 Personen nach Deutschland gelangt sind. Darüber hinaus warten weitere 3.000 Menschen auf ihre geplante Ausreise.

Am Dienstag landeten 155 Afghanen mit einem Charterflug aus Islamabad in Berlin. Viele dieser Personen sind zuvor ins benachbarte Pakistan geflohen, um der Verfolgung durch die Taliban zu entkommen, und reisen nun weiter nach Deutschland. Die Kosten für das Aufnahmeprogramm belaufen sich laut dem Bundesinnenministerium in dieser Legislaturperiode auf rund 25 Millionen Euro.

Im Rahmen des letzten Charterflugs kamen 155 Afghanen nach Deutschland, darunter 38 Hauptpersonen sowie 117 Angehörige. Fünf Passagiere reisten ohne Begleitung an. Von den Passagieren waren 80 weiblich und 75 männlich, darunter 63 Minderjährige, von denen 40 unter zehn Jahren alt sind. Mehr als die Hälfte dieser Passagiere kam über das spezielle Programm für besonders gefährdete Afghanen, während einige über andere Hilfsprogramme für ehemalige Ortskräfte einreisten. Unter den Passagieren waren fünf ehemalige Ortskräfte, die insgesamt 22 Familienangehörige mitbrachten.

Für den kommenden Mittwoch wird ein weiterer Charterflug aus Pakistan mit 157 Asylbewerbern erwartet. Berichten zufolge waren ursprünglich vor allem ehemalige Ortskräfte vorgesehen. Aktuelle Informationen deuten jedoch darauf hin, dass sich lediglich zwei Angehörige dieses Personenkreises, begleitet von 13 Familienmitgliedern, an Bord befinden werden. Ein Ortskraft soll für die Bundeswehr gearbeitet haben, der andere für ein deutsches Entwicklungsministerium.

Die Auswahl der Passagiere steht jedoch in der Kritik. Ein anonymer Regierungsbeamter äußerte, dass die Auswahl insgesamt mangels Transparenz und mangelhafter Identitätsprüfung fraglich sei. Ein hervorragendes Beispiel sind zwei Afghanen, die eine falsche Heiratsurkunde zur Beantragung des Aufnahmeprogramms eingereicht haben. Trotz dieser Ungereimtheiten wurde ihr Flug nach Deutschland genehmigt.

Die Vorwürfe über die Richtigkeit der vorgelegten Dokumente ziehen sich weiter, insbesondere bei einer neunköpfigen Familie, deren Geburtsdaten von afghanischen Behörden als unzuverlässig eingestuft werden. Dennoch erhielten sie die Erlaubnis zur Einreise.

Die Bundesregierung versichert trotz wachsender Bedenken, dass afghanische Schutzsuchende vor ihrer Einreise einer gründlichen Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden. Diese Überprüfungen finden in der Regel in Pakistan statt, wo auch das Visumverfahren durchgeführt wird. Nur nach Abschluss aller Schritte erteilen die Behörden ein Visum.

Die künftige Bundesregierung könnte eine entscheidende Rolle in dieser Frage spielen. Die Union hat sich darauf festgelegt, die Aufnahmeprogramme einzustellen, was auf Widerstand der SPD, die mögliche Koalitionspartnerin ist, stoßen könnte. Es gibt zwar eine Einigkeit, dass Straftäter und Gefährder in Afghanistan abgeschoben werden sollen, doch um dies regelmäßig zu realisieren, ist eine Verständigung mit den Taliban erforderlich.

Gespräche mit den Taliban werden erforderlich sein, grundlegende diplomatische Beziehungen müssen aufgebaut werden, um sicherzustellen, dass die Regierung in Kabul auch bereit ist, solche Rückführungen zu akzeptieren.

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