Unmut über Union Anfrage zur Finanzierung von zivilgesellschaftlichen Organisationen
Berlin. Die CDU und CSU im Bundestag haben mit ihrer Anfrage zur Finanzierung gemeinnütziger Organisationen eine breite Welle der Empörung ausgelöst. Diese Initiative kommt nur wenige Wochen nach einer massiven Protestwelle, bei der zehntausende Menschen, darunter viele Mitglieder der Zivilgesellschaft, gegen eine Abstimmung im Bundestag demonstrierten, die nur mit Stimmen der AfD gewonnen wurde.
Die Union richtet nun ihren Fokus auf eine Vielzahl dieser Organisationen und stellt in einer kleinen Anfrage im Bundestag die Gemeinnützigkeit bestimmter Gruppen, darunter auch die „Omas gegen Rechts“, infrage. Diese Organisation setzt sich aktiv gegen Rechtsextremismus ein. Die Anfrage mit dem Titel „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ umfasst 551 Fragen, die sich auf die finanzielle Herkunft und politische Ausrichtung dieser Organisationen konzentrieren. Unter anderem interessiert die Unionsfraktion, wie viel der Mittel von „Omas gegen Rechts“ aus staatlichen Programmen stammen und ob es Verbindungen zwischen der Organisation und spezifischen politischen Akteuren gibt.
In den Fokus geraten auch respektierte Medienorganisationen, wie das Investigativ-Portal Correctiv sowie diverse Umwelt- und Verbraucherschutzverbände wie Greenpeace und Peta. Offensichtlich wird in der Anfrage auch der Kontext der Proteste gegen die Abstimmung des Bundestages berücksichtigt. Die Union hinterfragt, ob gemeinnützige Organisationen, die staatliche Gelder erhalten, sich politisch betätigen können, ohne ihren Status zu gefährden.
Die Kritik an dieser Anfrage geht über die von den Protesten hinaus. In den einleitenden Bemerkungen wird geschildert, dass einige Stimmen NGOs als „Schattenstrukturen“ ansehen, die mithilfe staatlicher Gelder Politik betreiben sollten. Verlinkt ist auch ein Artikel, in dem über die vermeintlich manipulative Macht solcher Organisationen diskutiert wird.
Die Reaktionen der betroffenen Organisationen sind von Verwirrung bis Empörung geprägt. Marianne Zepp von „Omas gegen Rechts“ sieht in der Anfrage einen Versuch, ihre demokratische Bewegung zu delegitimieren und unterstellt der Union, sie versuche, die Verwendung staatlicher Gelder einseitig zu politisieren. Die Gegner der Organisation seien nicht etwa andere politischeAktionen, sondern die rechtsextremen Tendenzen, die die Werte der Demokratie untergraben.
Politische Vertreter von SPD, Linken und Grünen äußerten sich ebenfalls empört. Sergey Lagodinsky von den Grünen bezeichnete die Anfrage als einen Angriff auf die Zivilgesellschaft, während Lars Klingbeil von der SPD der Union ein „Foulspiel“ vorwarf. Er kritisierte, dass es unvorstellbar sei, dass man am Vormittag mit der Union über wichtige Themen sprechen kann, um am Nachmittag solch provokante Anfragen zu erhalten.
Wissenschaftler sehen in den Methoden der Union Ähnlichkeiten zu Vorgehensweisen des rechtsextremen Spektrums. Matthias Quent, Professor für Soziologie, erklärte, die Fragen lassen sich als Ausdruck eines tiefen Misstrauens gegenüber dem ehrenamtlichen Engagement in Deutschland deuten, was in Anbetracht des wachsenden Rechtsextremismus alarmierend sei.
Sascha Müller-Kraenner von der Deutschen Umwelthilfe reagierte unbeeindruckt und verwies darauf, dass die meisten Informationen, nach denen die Union fragt, bereits öffentlich in Jahresberichten und Lobbyregisterangaben verfügbar sind. „Sollte die Unionsfraktion darüber hinaus weitere Informationen benötigen, sind wir gerne bereit, den Dialog zu suchen“, fügte er hinzu.