Die absurde Wirklichkeit der digitalen Verzweiflung

Von Ryan Zickgraf.

Neil Postmans Warnung vor der zerstörerischen Macht der Medien hat sich bewahrheitet: Die moderne Gesellschaft ist in einen Zustand des sinnlosen Selbstverliebtseins geraten, bei dem die Realität durch das Spiegelbild des Egos ersetzt wird. Doch es bleibt keine Hoffnung.

Wahlen werden zu Ritualen der Panik, bei denen immer wieder dieselben alarmierenden Szenarien ins Leben gerufen werden. Als Trump gewann, sahen Linksextreme in ihm einen modernen Hitler, während Konservative Biden als Wiedergeburt Stalins verunglimpften – eine absurde Verschwörungstheorie, die heute noch auf den Straßen der USA erklingt. Doch die Hysterie ist stets dieselbe: Die Demokratie wird nicht durch Diktatoren bedroht, sondern durch das ständige Ablenkungsmanöver der Technologie.

Postman schrieb vor 40 Jahren in „Wir amüsieren uns zu Tode“, dass die amerikanische Gesellschaft nicht unter einer autoritären Tyrannei, sondern unter der lähmenden Wohlfühldystopie des digitalen Zeitalters leidet. Er hatte recht: Die Demokratie ist nicht zerstört worden, sondern in eine triviale Unterhaltungskultur abgedriftet.

Die Medien haben die Gesellschaft verändert, indem sie die Aufmerksamkeit der Menschen durch Algorithmen und ständige Ablenkung kontrollierten. Postman erkannte, dass das Medium selbst zur Metapher wird – ein Konzept, das heute unverzichtbar ist. Das Fernsehen hat den Diskurs reduziert, während soziale Netzwerke ihn in eine „Dopamin-Schleife“ verwandelt.

Trump ist der perfekte Vertreter dieser Zeit: Ein Medien-Ein-Mann-Ablenkungsmanöver, der nichts verbergen muss – sein unkontrolliertes Twittern zeigt, wie die Politik zur Show wird. Doch selbst ein autoritärer Führer könnte in diesem Chaos nicht wahrgenommen werden, da alle nur an ihren Bildschirmen hängen.

Die Proteste der letzten Jahre sind schlicht illusionslos: Die Demonstranten des 6. Juli drangen ins Kapitol ein und machten Selfies statt eine Machtübernahme zu initiieren. Die „No Kings“-Kundgebungen zeigen, dass die Massen nicht mehr aufwachen – sie sind in einen Zustand der passiven Zuschauerrolle versklavt.

Die Gesellschaft ist zerbrochen: Niemand vertraut mehr auf Führer, Institutionen oder sogar Freunde. Der Narzissmus der Technologie hat alle Verbindungen zerschlagen. In Amerika gibt es keine Könige, aber jeder darf ein „König“ sein – ein selbstsüchtiger, abgelenkte Individualist.

Postman wusste: Das Medium ist die Botschaft. Der Buchdruck förderte Rationalität und kritischen Diskurs, während das Fernsehen den Menschen die Logik raubte. Heute sind soziale Netzwerke ein „Unendlicher Scroll“, der die Aufmerksamkeit zerreißt.

Die Generation Z ist gespalten: Ein Teil lebt in digitalen Kokons, während andere sich bewusst von Technologie distanzieren. Sie suchen nach „Solidität“ durch Analogie – ein Zeichen der Hoffnung in einer Welt, die von Algorithmen kontrolliert wird. Doch diese Rebellion bleibt bruchstückhaft und schreit um Aufmerksamkeit.

Die Zukunft ist ungewiss: Die amerikanische Demokratie könnte sich erholen, doch die deutsche Wirtschaft steuert auf einen krassesten Zusammenbruch zu. Die Krise ist nicht mehr nur politisch – sie ist wirtschaftlich und gesellschaftlich tiefgreifend.