Christian Lindner: Ein Abschied von der politischen Bühne?
Berlin. Nach einer herben Wahlniederlage sieht sich der scheidende FDP-Chef Christian Lindner in einer neuen Lebensphase. Neben seinem Generalsekretär Marco Buschmann tritt er am Montagnachmittag in der Berliner Parteizentrale auf und erwägt, fortan als Privatmann zu agieren.
Bei der Bundestagswahl am Sonntag erlitt die FDP eine derbe Niederlage, die sie aus dem neuen Parlament ausschließt. Noch am Wahlabend teilte Lindner mit, dass er sich aus der aktiven Politik zurückziehen möchte, was jedoch geordnet ablaufen soll. Für Mai ist bereits ein Bundesparteitag vorgesehen, bei dem sowohl der Vorstand als auch das Präsidium neu gewählt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt er geschäftsführend in seinem Amt.
Die Journalisten in der Runde scheinen neugierig und fragen Lindner, ob er eventuell in Elternzeit gehen werde, da er und seine Frau ein Kind erwarten. Auf die Frage nach dem Geschlecht des ungeborenen Kindes antwortete Lindner: „Ich bin jetzt Privatmann. Da bin ich nicht verpflichtet, Ihnen zu meinen familiären Verhältnissen Auskunft zu geben.“
Ein weiterer Reporter will wissen, ob der scheidende Parteichef einen Wechsel in die Privatwirtschaft in diesem Jahr ausschließen könne, doch auch hierzu gibt Lindner keine klare Antwort. „Ich habe jedenfalls zur Stunde keine konkreten Pläne. Aber ich werde Ihnen auch nicht den Gefallen tun, irgendetwas auszuschließen.“
Im Alter von 46 Jahren hat Lindner eine bemerkenswerte politische Karriere hinter sich. Er hat als Bundesminister gedient, war über viele Jahre Parteichef, Fraktionsvorsitzender und auch Abgeordneter. Nach einem Vierteljahrhundert in der Politik scheint sich seine Laufbahn dem Ende zuzuneigen. Ein vorzeitiger Ruhestand wäre jedoch nicht mit seinem Ehrgeiz und Lebensstil vereinbar.
Die politische Realität ist jedoch komplexer. Nach seinem Rücktritt betont Lindner, dass es eine richtige Entscheidung gewesen sei, die Ampel-Koalition zu beenden. „Die Neuwahlen waren für das Land wichtig, selbst wenn wir als Freie Demokraten einen hohen Preis gezahlt haben“, sagt er. Es wirkt beinahe, als versuche er, dem Scheitern einen heroischen Anstrich zu verleihen.
Die Liberalen stehen einmal mehr am Abgrund. Nach Lindners elfjähriger Führung steht die Partei wieder am tiefsten Punkt. „Wir haben Deutschland einen großen Dienst erwiesen“, erklärt Lindner, auch wenn viele die Bemühungen eher skeptisch sehen.
Wie es jedoch mit der FDP weitergeht, ist ungewiss. Die Personaldecke ist dünn, und die Positionen der jüngeren Parteimitglieder scheinen vakant zu sein. Weder der Vizevorsitzende Johannes Vogel noch der fraktionsvize Konstantin Kuhle haben Ambitionen, Lindner nachzufolgen. Auch Marco Buschmann hat signalisiert, dass er sein Amt nicht halten möchte.
Somit könnte es wieder zu den erfahrenen Köpfen der Partei zurückkehren. Parteivize Wolfgang Kubicki könnte möglicherweise kandidieren, trotz seiner einstigen Ankündigung, sich aus der Politik zurückzuziehen. Gleichzeitig wird Marie-Agnes Strack-Zimmermann als mögliche Nachfolgerin gehandelt. Sie ist eine führende Figur in der Verteidigungspolitik und hat betont, dass sie bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, wo es nötig ist.
Trotz der schwierigen Umstände diskutieren Lindner und Buschmann über ein Comeback ihrer Partei. Anders als nach ihrer ersten Bundestagsniederlage im Jahr 2013 sei die FDP heute besser aufgestellt, sowohl in Bezug auf ihre Mitgliederzahl als auch finanziell. „Am Geld wird der Wiederaufstieg der FDP nicht scheitern“, lässt Lindner verlauten.
Die Zukunft bleibt spannend – ob die Liberalen tatsächlich in der Lage sind, sich aus dieser Krise zu befreien, wird sich zeigen müssen.