Der SSW und sein Sitz im Bundestag: Die Hintergründe
Berlin. Während die FDP und der BSW nicht in den Bundestag einziehen können, sichert sich eine kleine Wählervereinigung mit nur wenigen Stimmen einen Platz im Parlament. Wie kommt das?
Bereits in den ersten Hochrechnungen zur Bundestagswahl war es deutlich geworden, und in der Nacht zum Montag folgte die offizielle Bestätigung: FDP und BSW haben die Fünfprozenthürde nicht überschritten und sind damit aus dem nächsten Bundestag ausgeschlossen.
Im Gegensatz dazu hat die Minderheitenpartei, der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), erfolgreich einen Sitz erlangt, obwohl sie lediglich 76.126 Zweitstimmen aus Schleswig-Holstein erhalten hat – eine klare Verbesserung im Vergleich zu den 55.578 Stimmen bei der Wahl im Jahr 2021. Insgesamt stellt der SSW somit 0,2 Prozent der bundesweiten Stimmen, während er vor vier Jahren nur 0,1 Prozent erreichte. Nach der Mandatsberechnung auf Basis des vorläufigen Ergebnisses darf der SSW seinen Spitzenkandidaten Stefan Seidler, der bereits seit 2021 im Bundestag sitzt, erneut ins Parlament entsenden.
Die Zahlen des SSW sind im Vergleich zur FDP sehr niedrig. Dennoch erhält der SSW einen Platz im Bundestag, weil er 1948 gegründet wurde und die dänischen sowie friesischen Minderheiten vertritt. Diese Regelung verbindet sich mit dem Recht, von der Fünfprozenthürde ausgenommen zu sein, was für Parteien gilt, die sich als Vertreter von Minderheiten verstehen. Traditionell hat der SSW in Schleswig-Holstein gute Ergebnisse erzielt und ist im Landtag sowie seit der letzten Legislaturperiode auch im Bundestag vertreten.
Ein Teil Schleswig-Holsteins gehörte bis 1920 zum Königreich Dänemark. Die neue Grenzziehung führte dazu, dass auf beiden Seiten minderheitliche Gruppen lebten, und der SSW möchte die Wähler auf deutscher Seite auch im kommenden Bundestag repräsentieren.
Interessanterweise hat der SSW in den letzten zwei Jahrzehnten einen steigenden Zulauf an Wählern erfahren. Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2021 erzielte er mit 5,7 Prozent sein bisher bestes Ergebnis auf Landesebene. Vor diesem Hintergrund beschloss die Partei, sich 2021 nach Jahrzehnten erneut an einer Bundestagswahl zu beteiligen. Ein SSW-Abgeordneter war bereits 1949 Teil des ersten Bundestages, schied jedoch 1953 wieder aus.
Der SSW plant, den Dialog mit allen demokratischen Parteien zu suchen. „Die AfD ist für uns natürlich kein Gesprächspartner“, betonte Dirschauer. Er erläuterte, dass der Partei kein Forum geboten werden sollte. Zudem äußerte er sich kritisch zur Art und Weise, wie die Migrationsdebatte bislang geführt wurde, und forderte eine umfassende Integrationsdiskussion. Sprachkurse und die rasche Integration in den Arbeitsmarkt seien essenziell, um Extremismus entgegenzuwirken.
Sollte der SSW in einen Koalitionsvertrag aufgenommen werden, wäre das der Fall, dass er auch Merz als Kanzler unterstützen würde. Dabei erachtet Dirschauer die Personen zunächst als weniger wichtig im Vergleich zu den Inhalten. Für den SSW steht eine „pragmatisch nordische Politik“ im Vordergrund, wobei der Fokus weiterhin auf den Rechten von Minderheiten liegt.
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