Deutsche Raumfahrt auf der Überholspur: Ein Blick auf das Jahr 2025
Berlin. In naher Zukunft könnten zahlreiche Weltraumprojekte ihren Anfang nehmen, darunter auch von einem Schiff aus der Ostsee. Diese Entwicklungen haben nicht nur militärische Relevanz. Die Raumfahrtindustrie in Deutschland sieht für 2025 vielversprechende Zeiten voraus, mit den ersten Starts neu konzipierter Raketen. Im kommenden Herbst wird in Bremen über die Zukunft der europäischen Raumfahrt und die Finanzierung neuer Vorhaben entschieden. Zudem könnte noch dieses Jahr erstmals eine Rakete von einem Schiff in der Nordsee aus ins All starten.
Von den drei Raketenprojekten in Deutschland avancieren RFA aus Augsburg und Isar Aerospace aus Ottobrunn bei München am schnellsten. RFA erhielt Anfang des Jahres die Genehmigung zum Start von der britischen Luftfahrtbehörde. Der genaue Zeitpunkt des Starts von dem Spaceport Saxavord auf den Shetlandinseln bleibt vorerst unbekannt, ein Sommerstart scheint jedoch wahrscheinlich. Isar Aerospace plant, von Andøya auf den Lofoten in Norwegen zu starten. HyImpulse aus Neuendorf in Baden-Württemberg ist mit ihrem Projekt SR75 noch nicht so weit fortgeschritten, was insbesondere am verwendeten Treibstoff, Wachs, liegt. Eine Testrakete konnte jedoch bereits im Jahr 2024 erfolgreich in Australien starten.
Die drei Unternehmen versprechen kostengünstig produzierte Raketen, die in zügigem Rhythmus Satelliten in den sogenannten Low Earth Orbit (Leo) in 500 Kilometer Höhe befördern. Diese Raketen sind deutlich kompakter als die europäische Ariane 6 oder die Falcon 9 von SpaceX, dem Raumfahrtunternehmen des Elon Musk. Das Marktpotential ist enorm: Im Jahr 2023 generierte die private Raumfahrtindustrie laut der Satellite Industry Association einen Umsatz von 285 Milliarden Dollar (270 Milliarden Euro), mit steigender Tendenz.
Ein Netzwerk aus Satelliten wird benötigt, um Waldbrände frühzeitig zu erkennen, Flotten effektiv zu managen und autonomes Fahren zu ermöglichen. In der modernen Landwirtschaft können dank präziser Daten gezielt Felder bestellt und gedüngt werden, entsprechend der Bodenbeschaffenheit. Angesichts der geopolitischen und militärischen Veränderungen in der Welt gewinnt auch die Entwicklung eigener deutscher und europäischer Militärsatelliten zunehmend an Bedeutung. Der Industrieverband BDLI fordert mehr finanzielle Unterstützung von der Regierung für solche Vorhaben. Obwohl die deutsche Raumfahrtbranche im Vergleich klein erscheint, besitzt sie eine große wirtschaftliche Relevanz.
Öffentliche Institutionen spielen eine unterstützende Rolle für private Unternehmen. So hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) einen Vertrag mit der Exploration Company (TEC) aus Planegg bei München unterzeichnet. Dieses junge Unternehmen, das erst seit vier Jahren besteht, entwickelt eine Raumkapsel namens Nyx, benannt nach der griechischen Göttin der Nacht. Diese Kapsel soll größere Experimente ins All befördern und zurückbringen können. Mit einem Durchmesser von vier Metern wird sie in der Lage sein, etwa vier Tonnen Ladung zu transportieren. Der erste Start ist für den kommenden Juni geplant.
Ab 2028 soll die Kapsel im Auftrag der europäischen Raumfahrtagentur ESA auch die Internationale Raumstation ISS beliefern. Damit erhält Europa einen eigenen Transporter anstelle von der bisherigen Abhängigkeit von Fremdkapseln. TEC hat auch einen Vertrag mit der US-Raumfahrtbehörde Nasa. Private Investoren haben bereits über 190 Millionen Euro in das Unternehmen investiert, das von ehemaligen Führungskräften von Airbus und ArianeSpace geleitet wird. TEC nahm 2021 seine Arbeit auf, das Entwicklungstempo ist dabei bemerkenswert, während staatliche Raumfahrtprogramme oft deutlich mehr Zeit benötigen.
Im Herbst werden entscheidende Gespräche in Bremen stattfinden, wenn Deutschland nach 17 Jahren erneut die ESA-Ministerratskonferenz ausrichtet. Hier wird über das Budget und zukünftige Projekte abgestimmt. Für 2025 ist ein ESA-Budget von 5,06 Milliarden Euro eingeplant, wobei Deutschland mit 18,8 Prozent nach Frankreich (21,3 Prozent) den größten Anteil stellt. Diese Mittel fließen unter anderem in Satelliten für die Erdbeobachtung, Kommunikation und Navigation sowie in die Ariane 6, die in zahlreichen deutschen Standorten gefertigt wird.
Es besteht die Möglichkeit, dass noch in diesem Jahr eine erste Rakete aus Deutschland ins All startet. Ein privates Konsortium, bestehend aus OHB und der Bremer Reederei Harren, plant den Einsatz eines Spezialschiffs, um einen schwimmenden Weltraumbahnhof in der nordwestlichen Ecke der ausschließlichen Wirtschaftszone der Nordsee zu etablieren. Von diesem Schiff aus sollten Raketen ins All gebracht werden. Ursprünglich war der Start für den Sommer 2024 vorgesehen, wurde jedoch verschoben. Es gibt noch keinen offiziellen neuen Termin, aber die Arbeiten laufen weiter. Deutschland könnte sich somit einen eigenen Zugang zum Weltraum schaffen.
Verspätungen sind in der Raumfahrt nicht ungewöhnlich, weswegen sich auch kurzfristig noch vieles ändern kann. Unklar bleibt beispielsweise, wie die US-Regierung unter Donald Trump die Nasa in Zukunft reformieren möchte. Sollten dort radikale Einsparungen umgesetzt werden, könnte dies auch europäische Projekte und damit Deutschland beeinflussen. Viele dieser Vorhaben erfolgen in Zusammenarbeit, beispielsweise beim Artemis-Programm, das die Rückkehr von Menschen zum Mond zum Ziel hat. Das Antriebs- und Servicemodul der Raumkapsel wird bei Airbus in Bremen gefertigt. Ein unbemannter Testflug um den Mond war 2022 erfolgreich. Der bemannte Flug, ursprünglich für Herbst 2025 geplant, wurde mehrfach verschoben, zuletzt auf April 2026. Die Mondlandung ist für das Jahr 2027 anvisiert, unterstützt wurde das Programm von Trump während seiner ersten Amtszeit 2019.