Präzision in der Wahlanalyse: Wer lag richtig?
Berlin. In der Zeit vor der Bundestagswahl lieferten verschiedene Meinungsforschungsinstitute immer wieder Vorhersagen über den Wahlausgang. Wann gelang es dem einen oder anderen, die besten Einschätzungen abzugeben?
Die Ergebnisse der Bundestagswahl waren nicht völlig unerwartet. Eine starke Präsenz der Linken, ein Rekordwert für die AfD und die Unsicherheit für BSW und FDP zeichnete sich schon in den Wahlvorhersagen ab, die von zahlreichen Instituten Tage vor der Wahl veröffentlicht wurden. Allerdings waren die Prognosen in Bezug auf die genaue Zahl der Stimmen uneinig. Hier folgt unser detaillierter Vergleich der Aussagen der verschiedenen Institute.
Fünf deutsche Meinungsforschungsinstitute haben sich in der politischen Landschaft als besonders vertrauenswürdig etabliert: das Institut für Demoskopie Allensbach, die Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen, die Forschungsgruppe Wahlen, die Infratest dimap Gesellschaft für Trend- und Wahlforschung sowie INSA-Consulere.
Die Ansätze dieser Institute unterscheiden sich grundlegend, sowohl in der Methodik als auch in den Auftraggebern. Allensbach, beispielsweise, wird von der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ beauftragt und nutzt persönliche Interviews, die nach festgelegten Quoten durchgeführt werden. Forsa hingegen befragt zufällig ausgewählte Personen per Telefon für RTL/n-tv. Die Forschungsgruppe Wahlen kontaktiert Probanden im Auftrag des ZDF sowohl per SMS als auch telefonisch. Infratest dimap kombiniert Telefon- und Online-Befragungen, um Prognosen für die ARD zu erstellen. INSA erhebt seine Daten ausschließlich über das Internet und steht in Verbindung zur „Bild“-Zeitung.
Ein besonders spannender Aspekt der Wahl war, welche Parteien die Hürde für den Einzug in den Bundestag meistern würden. Sowohl FDP als auch BSW kämpften um die fünf Prozent. Nach dem vorläufigen Endergebnis sind beide daran gescheitert, was die meisten Institute bereits vorhergesagt hatten. Einzige Ausnahme war die Forsa-Umfrage, die der FDP die nötigen Stimmen zuschrieb, während INSA das BSW mit fünf Prozent ins Parlament prognostizierte.
Um herauszufinden, welches Institut die genaueste Vorhersage gegeben hat, müssen die letzten Prognosen mit den tatsächlichen Wahlergebnissen verglichen werden. Allerdings wurden diese Umfragen zu unterschiedlichen Zeitpunkten veröffentlicht. So prognostizierte Infratest dimap letztmals am 13. Februar, wohingegen INSA nur einen Tag vor der Wahl, am 22. Februar, seine Daten veröffentlichte.
Durch das Addieren der Abweichungen für jede Partei im Verhältnis zum tatsächlichen Resultat wird ein klares Bild sichtbar. Beispielsweise lag die Forschungsgruppe Wahlen bei der Union nur um 0,5 Prozent und bei der SPD um 0,4 Prozentpunkte daneben. Bei den Abweichungen für die Grünen (1,4 Prozent), die FDP (0,2 Prozent), die Linke (0,8 Prozent), die AfD (0,2 Prozent) und das BSW (0,4 Prozent) summierte sich die Gesamtabweichung auf 4,9 Prozent, was den besten Wert unter den deutschen Meinungsforschern darstellt. INSA folgte dicht mit einer Abweichung von 5,1 Prozent. Noch präziser war jedoch das britische Institut YouGov, dessen Online-Befragungen am 21. Februar stattfanden und sich nur um 4,3 Prozentpunkte vom Ergebnis unterschieden.
Den höchsten Unterschied verzeichnete Infratest dimap, welche insgesamt 12 Prozentpunkte vom vorläufigen Ergebnis abwichen. Insbesondere die Vorhersagen für Union, SPD, Grüne und Linke wiesen große Diskrepanzen zum tatsächlichen Wahlausgang auf. Allensbach und Forsa, mit einer Abweichung von 8,5 bzw. 6,9 Prozent, fanden sich im Mittelfeld wieder. Kein Institut gelang es jedoch, die exakte Prozentzahl bis zur ersten Nachkommastelle bei einer Partei vorherzusagen. Dies zeigt eindrucksvoll: Trotz aller Bemühungen ist der Ausgang einer Wahl letztendlich nie ganz genau vorhersehbar.