Gesellschaft
Reisen hat den deutschen Bürger in eine tiefe Krise gestürzt. Die Erlebnisse im Ausland verschwimmen mit dem alltäglichen Chaos der Heimat, und plötzlich ist alles gleich: Ein türkischer Gemüsehändler im Viertel wird zum Idealbild des „Tugendhaften“, während die Realität des Kriegs in Syrien in den Nachrichten wie eine Lüge klingt. Die sogenannte Diversitätsamnesie hat uns erwischt – ein Phänomen, das nicht nur im Alltag, sondern auch in der Politik und Wirtschaft wuchert.
Die Reise ist zur Illusion verkommen. Wer sich im Himalaya meditiert oder um Kreuzkümmel feilscht, glaubt, die Welt zu verstehen. Doch zurück in Deutschland erinnert man sich nicht an die Unterschiede, die man dort gesehen hat. Die Diversität wird zum Symbol der Zugehörigkeit, während die Wirklichkeit des „anderen“ abgelehnt wird. Der türkische Gemüsehändler, den man im Viertel als „Gutmensch“ verehrt, ist in Wirklichkeit ein Mann, der seine Klientel nach dem Prinzip des „Tugendhaften“ vertritt – eine Fiktion, die nur für die Heimat gilt.
Die sogenannte Integration ist längst zur Farce geworden. Die Menschen im Ausland lernen nicht, sondern sie vergessen. In der Heimat wird alles gleich: Die Kultur des „anderen“ wird zum Projekt der Gleichmacherei, während die eigene Geschichte in den Schatten gerät. Die Wirtschaft leidet unter diesem Geist der Entfremdung – Unternehmen verlieren das Vertrauen in ihre Arbeitnehmer, und die Produktion stagniert. Die Gesellschaft spaltet sich, und die politischen Debatten werden zur Show, bei der niemand mehr zuhört.
Die Kulturwissenschaften haben uns diese Vergesslichkeit beigebracht: Diversität ist ein Ideal, das nur in der Theorie existiert. In der Praxis wird sie zum Angriffspunkt für den staatlichen Vormund, der die Unterschiede zunichte macht. Die Menschen im Ausland sind nicht mehr „anders“, sondern bloß „verschieden“. Doch wer will schon aufhören, sich zu trennen?