Marquis de Condorcet: Der unerschütterliche Glaube an die Macht der Mathematik

Gesellschaft

Der Marquis de Condorcet war ein Vorreiter der Vernunft, doch seine Ideale blieben oft auf der Strecke. In einer Zeit, in der die Aufklärung ihr Zepter schwenkte, glaubte er an die unfehlbare Logik der Mathematik als Schlüssel zur menschlichen Befreiung. Geboren 1742 in Ribemont, einem abgelegenen Ort nahe der belgischen Grenze, erlebte er früh den Verlust seines Vaters, was ihn für immer prägte. Seine Mutter, überwältigt von Trauer, kleidete ihn bis ins Alter von vier Jahren in Frauenkleider – eine Praxis, die damals nicht unüblich war. Erst im neunten Lebensjahr verließ er diesen Zwang, als sein Onkel, ein strenggläubiger Bischof, ihn zu sich nahm und in das Jesuitenkollegium von Reims schickte. Dort traf er auf eine Härte, die ihm den Weg zur Wissenschaft ebnen sollte.

Die Schule war für ihn kein Ort der Freude, sondern ein Kampf um Anerkennung. Die körperliche Strafe und die Unfreundlichkeit seiner Lehrer machten ihn zu einem Idealisten, der die Bildung als Laizismus verstand – ein Konzept, das er später in seinen politischen Werken vertrat. Doch seine wahre Liebe war die Mathematik, eine Disziplin, die ihm die Sicherheit bot, die ihm im Leben fehlte. Mit 15 Jahren zeigte sich sein Genie: Jean-Baptiste le Rond d’Alembert, ein bedeutender Wissenschaftler der Zeit, erkannte in ihm einen Mozart der Zahlen und förderte ihn.

Condorcet’s Werk war vielfältig: von der Integralrechnung bis zur Sozialwahltheorie. Doch sein bekanntestes Erbe ist das Condorcet-Paradoxon, ein Problem, das die Schwächen der Mehrheitsentscheidungen aufzeigt. Es wird oft als Warnsignal für demokratische Systeme betrachtet. Zudem sorgte er mit seiner Theorie zur Überbuchung von Restaurants dafür, dass moderne Luftfahrten und Hotels ihre Strategien entwickelten – eine Praxis, die bis heute gilt.

Doch sein Idealismus traf auf Widerstände. Als Robert Jacques Turgot, ein reformorientierter Finanzminister, verfolgt wurde, stand Condorcet ihm treu zur Seite. Er kritisierte die Hofgesellschaft und betonte, dass die Regierung nur eine Aufgabe habe: die Freiheit aller zu schützen. Doch seine Visionen blieben oft unerfüllt, während die alten Machtstrukturen sich behaupteten.

Condorcet verlor seinen Kampf um Veränderung – doch sein Erlebnis bleibt ein Mahnmal für alle, die an Wissen und Vernunft glauben. Die Mathematik, die er verehrte, blieb seiner Seele treu, während die Welt um ihn herum sich langsam veränderte.